Auch für Baden-Württemberg stellt die große Zahl an Flüchtlingen eine gewaltige Herausforderung dar. Am 1. Oktober will Ministerpräsident Kretschmann eine Regierungserklärung abgeben. Indes werden in der Krise auch ungewöhnliche Allianzen geschmiedet.

Stuttgart - Zur Flüchtlingskrise will Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eine Regierungserklärung abgeben. Am 1. Oktober, eine Woche nach dem geplanten Bund-Länder-Gipfel bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wolle Kretschmann über die Grundzüge seiner Flüchtlingspolitik sprechen, kündigte das Staatsministerium am Montag an.

 

Indes üben die Fraktionen von SPD und der oppositionellen CDU in der Flüchtlingspolitik den Schulterschluss. Die Vorsitzenden beider Fraktionen, Guido Wolf und Claus Schmiedel, übten am Montag demonstrativ den Schulterschluss. Es gebe einen gemeinsamen Debattenantrag zu dem Komplex bei der Landtagssitzung am kommenden Mittwoch, verkündeten sie in Stuttgart. Anstatt zwei einzelne Debatten zum selben Thema zu initiieren, wolle man zeigen, dass man gemeinsam Verantwortung wahrnehme, ohne politische Unterschiede auszublenden. Die Grünen äußerten sich befremdet.

„Wir machen hier keine große Koalition“

Schmiedel sagte, er habe vor dem gemeinsamen Vorgehen die Fraktionschefin des grünen Koalitionspartners, Edith Sitzmann, informiert. Gefragt nach ihrer Reaktion sagte er: „Sie findet’s ungewöhnlich.“ Er fügte hinzu: „CDUler zu sein, ist keine ansteckende Krankheit.“ Und: „Wir machen hier keine große Koalition.“

Die Grünen im Landtag teilten wenig später mit, sie seien offen dafür, die Debatten zusammenzulegen. Sie sähen aber den „verschärften Kurs“ der CDU im Land gegen Flüchtlinge als großes Hindernis, um Gemeinsamkeiten in der Flüchtlingspolitik zu finden. Den Auftritt Schmiedels sieht Sitzmann kritisch: „Claus Schmiedel ist immer für eine schnelle Überschrift zu haben.“ Die Wirkung von Symbolen habe er dabei nicht immer im Blick.

Wolf: Akzente aus Baden-Württemberg setzen

Schmiedel hatte sich nach der Klausur seiner Fraktion für ein parteiübergreifendes Bündnis im Südwesten zum Umgang mit den rapide steigenden Flüchtlingszahlen ausgesprochen. „Alles, was an gegenseitigen Vorwürfen hin und her geschoben wird, nützt niemandem. Nur den Rechten“, hatte er vergangene Woche erklärt. Wolf betonte: „Ich habe mich in dieser Anregung durchaus wiedergefunden.“ Er habe deshalb die Zusammenlegung der Debatte bei der SPD angesprochen. Es gelte auch, sich mit gemeinsamen flüchtlingspolitischen Anliegen in Berlin Gehör zu verschaffen und Akzente aus Baden-Württemberg zu setzen.

Am Mittwoch soll nach Wunsch von Grünen und SPD auch im Parlament eine fraktionsübergreifende Resolution gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gegen Flüchtlinge verabschiedet werden. Dies hatte Sitzmann mit Blick auf Brände in mehreren Flüchtlingsunterkünften im Südwesten angeregt.

Schmiedel erläuterte die formalen Gründe für das Zusammengehen. Denn an der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause hätten sowohl SPD als auch CDU laut Geschäftsordnung Anspruch auf eine Debatte mit einem von ihnen gesetzten Thema. Es handele sich um ein pragmatische Verabredung, in die nichts „hineingeheimnisst“ werden dürfe.

Wolf schiebt Pressemitteilung nach

Nach dem gemeinsamen Auftritt warf CDU-Spitzenkandidat Wolf der grün-roten Landesregierung per Pressemitteilung zu den Ergebnissen der CDU-Klausur von vergangener Woche „Schaufensterpolitik“ und Tatenlosigkeit vor.

Offiziell geht die Bundesregierung für dieses Jahr noch von 800.000 Asylbewerbern aus, die auf die Bundesländer verteilt werden. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) spricht aber schon von bis zu einer Million Flüchtlingen. Grundsätzlich muss Baden-Württemberg rund 13 Prozent aller neu in Deutschland ankommenden Migranten aufnehmen.