In vielen Kommunen in der Region Stuttgart werden Unterkünfte für Flüchtlinge eingerichtet – oft gegen den Willen der Bevölkerung. Dabei gibt es oft ausreichend Räume und Helfer.

Region - Händeringend suchen die Landkreise in der Region rund um Stuttgart nach Plätzen für Asylbewerber. In jedem der fünf Landkreise Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg, Böblingen und Rems-Murr haben sich die Aufnahmezahlen stark erhöht. Häufig finden sich geeignete Räume, und auch viele Helfer stehen parat. Aber es kommt auch zu teils massiven Protesten von Anwohnern.

 

Rems-Murr-Kreis Aufgrund der stets wachsenden Nachfrage nach Wohnraum – bis zum Jahresende rechnet der Kreis mit 800 Asylbewerbern (2012 sind es 580 gewesen) – geht der Rems-Murr-Kreis nun neue Wege: Asylbewerber sollen jetzt kurzfristig in Wohnungen im Umfeld des Waiblinger Krankenhauses untergebracht werden, die aufgrund eines Klinikneubaus frei werden. Das kündigte der Landrat Johannes Fuchs an und ändert damit seine Haltung, denn erst im Juni hatte er diese Idee bei einem Bürgerabend aus Kostengründen ausgeschlossen. Damals wurde heftig über die Unterbringung von 75 Asylbewerbern in einem Waiblinger Gewerbegebiet gestritten. In Fellbach klagte ein Anwohner gegen eine Unterkunft für 68 Asylbewerber. Diese sollten in einem Internat für Jugendliche mit schwierigen Biografien untergebracht werden. Das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart wies den Widerspruch des Anwohners zurück und bestätigte die Ausnahmegenehmigung der Stadt. Nun können 51 der derzeit 68 Asylbewerber dort bleiben; für mehr Menschen sei das Heim nicht ausgelegt. Dagegen will nun ihrerseits die Stadt Fellbach vorgehen.

Kreis Esslingen Die Situation in Kirchheim hat im Frühjahr Aufsehen erregt: In einem Asylbewerberheim hatte ein Algerier einen 22-jährigen Türken erstochen. Die beiden waren in Streit geraten. Nur wenig später hatte sich ein junger Iraner aus Protest den Mund zugenäht. Er wollte mit der Aktion gegen seine Abschiebung protestieren. Der Iraner musste sich seine Bleibe mit sechs fremden Männern teilen, die Küche gar mit 28 Bewohnern. Laut dem Landkreis ist der Mann nach wie vor im Kreis untergebracht, aber die Lage in den Wohnheimen habe sich aufgrund verbesserter Platzangebote entspannt. Insgesamt muss der Kreis bis Jahresende 900 Asylbewerber aufnehmen, im Vorjahr waren es rund 560.

Kreis Böblingen In Böblingen und Herrenberg gibt es staatliche Gemeinschaftsunterkünfte für die Neuankömmlinge – in Leonberg gibt es hingegen kaum Platz. Deshalb will die Stadt Container aufstellen, in denen neben den Asylbewerbern auch Obdachlose eine Bleibe finden sollen. Anwohner wehrten sich. Sie wünschten sich wenigstens eine verschachtelte Bauweise, die eher einer Gartenkolonie denn einer Notunterkunft gleiche. Diesem Wunsch wurde aus Kostengründen nicht entsprochen. Auch in Aidlingen hat es Proteste gegeben. Aus Platzmangel wurde ein Hotel Garni umfunktioniert – wogegen sich die Anwohner wehrten. Allerdings beruhigte sich die Lage. Aber auch im Kreis Böblingen sind die Zahlen massiv gestiegen: Von Januar bis August baten 244 Menschen um Asyl, im vorigen Jahr waren es im selben Zeitraum 121. Bis zum Jahresende rechnet man mit mehr als 420 Asylbewerbern.

Kreis Göppingen Die Platznot war in Göppingen noch größer als in anderen Kreisen. Zunächst wollten die Verantwortlichen ein Hotel kaufen und als Unterkunft für 100 Menschen nutzen. Dann aber wurde mit der Wohnbaugesellschaft eine andere Lösung gefunden und das vorhandene Heim, in dem Platz für 100 Menschen ist, erweitert. Trotzdem ist es bereits ausgebucht, denn bis Jahresende muss der Kreis wieder 100 Asylbewerber aufnehmen, im vorigen Jahr waren es im selben Zeitraum etwa 70.

Kreis Ludwigsburg Jahrelang hat die Stadt Sachsenheim eine Unterkunft für 60 Asylbewerber in Großsachsenheim betrieben. Doch die Container sind inzwischen marode, zudem hatte die Stadt den Anwohnern versprochen, die Siedlung zu schließen. Bei der Suche nach einer Alternative kam man auf einen neuen Standort. Im Ortsteil Hohenhaslach wird nun trotz heftiger Widerstände eine Unterkunft für 36 Bewohner gebaut. Immerhin muss der Kreis in diesem Jahr 550 Asylbewerber aufnehmen. Das Thema ist in Sachsenheim auch Wochen nach dem Gemeinderatsbeschluss aktuell. Inzwischen haben sich mehrere Gruppen formiert, die das Vorhaben sehr kritisch sehen. Zumindest eine von ihnen erwägt eine Klage. Die Kritiker sind unter anderem gegen den Standort, denn das Grundstück liegt in den Weinbergen: Durch die Pflanzenschutzmittel, die dort versprüht würden, seien die Asylbewerber gefährdet. Die Wengerter ihrerseits fürchten um die Sicherheit der Bewohner – es könnte ein Kind unter den Traktor geraten. Zudem sei eine Wertminderung der angrenzenden Grundstücke zu befürchten.