Der Arbeitskreis Asyl hat zu seiner ersten Vollversammlung ins Bürgerhaus geladen. Die Anwesenden verteilten sich auf sechs Arbeitsgruppen: Begleitung, Sprachförderung für Erwachsene, Hausaufgabenhilfe, Freizeitgestaltung, Kassenteam und Sachspenden.

Möhringen - Pfarrer Winfried Maier-Revoredo sah keinen Anlass, mit Lob sparsam umzugehen: „Sie, die hier Anwesenden, die teilweise auch schon Erfahrung mit Flüchtlingsarbeit haben, sind ein großer Schatz“, sagte er am vergangenen Mittwoch zur Begrüßung im Saal des Bürgerhauses. Dort hatte sich der im Februar gegründete Arbeitskreis Asyl zu seiner ersten Vollversammlung zusammengefunden. Rund 80 Teilnehmer waren gekommen, die den Menschen helfen wollen, die noch in diesem Jahr in das neue Flüchtlingsheim am Lautlinger Weg einziehen werden.

 

„Das Heim wird sukzessiv belegt“

Zu Beginn informierte Gerhard Bock vom Sozialamt über den aktuellen Stand. Man liege mit den Bauarbeiten am Lautlinger Weg im Plan, der Rohbau sei kurz vor der Fertigstellung. Am 15. Dezember bekomme das Sozialamt das Heim von der SWSG (Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft) übergeben; dann kümmere man sich um die Möblierung. „Am 29. Dezember rechnen wir mit den ersten Flüchtlingen“, sagte Bock. Eine Teilnehmerin wies darauf hin, dass dies ein ungünstiger Termin sei, weil sich sicherlich viele im Urlaub befänden. Bock konnte die Anwesenden beruhigen: „Das Heim wird sukzessiv belegt. Wir bekommen Ende Dezember wohl erst mal circa 30 Flüchtlinge. Der Rest folgt im neuen Jahr.“

Der Mann vom Sozialamt berichtete außerdem, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seine Prognose nach oben korrigiert habe. Anstatt mit 1380 müsse die Stadt Stuttgart im laufenden Jahr mit 1560 Flüchtlingen rechnen. Zählt man die dazu, die einen Folgeasylantrag stellen, kommt man auf 1750 Flüchtlinge, die Stuttgart aufnehmen wird. Üblicherweise rechne man mit 63 Prozent Familien und 37 Prozent Alleinstehenden. Das bedeutet, dass von den 159 Plätzen im Möhringer Flüchtlingsheim etwa 100 von Personen im Familienverbund belegt sein werden; davon geschätzt zwölf Kinder unter sechs Jahren, elf im Alter von sechs bis 14 Jahren und sechs von 14 bis 18 Jahren. „Es dürfte kein Problem sein, die Kinder in nahen Kitas unterzubringen. Die älteren werden an der Fasanenhofschule und der Riedseeschule internationale Klassen besuchen“, so Bock. In diesen ist das vorherrschende Ziel, Deutsch zu lernen, damit die Kinder dem Unterricht folgen können. Danach wechseln sie in Regelklassen.

Traumaprojekt mit Psychologen

Aus dem Publikum kam die Frage, mit welchen Nationalitäten man rechne. „Syrer, Irakis und Eritreer. Außerdem Menschen aus den Westbalkanstaaten“, sagte Bock. Mit der kürzlich vorgenommenen Einstufung letzterer als sichere Drittstaaten, werde sich diese Mischung aber verändern. Der Mann vom Sozialamt fand klare Worte: „Und das ist auch gut so. Denn es gibt aktuell Menschen, die in mörderischen Kriegssituationen leben, diese müssen Vorrang haben.“ Und weiter: „Das klingt hart und sicher gibt es viel Armut in Serbien. Aber wir müssen die, denen es richtig dreckig geht, zuerst unterbringen.“

Im Anschluss zeigte Ulrike Jelen den Anwesenden Bilder vom bereits fertigen Flüchtlingsheim in Plieningen und den dortigen Räumlichkeiten. Fritz Weller, der Bereichsleiter Migration und Integration bei der Caritas, die die Betreuung des Heims übernommen hat, informierte über ihre Planung. „Wir werden mit drei Mitarbeitern vor Ort sein. Es ist wichtig für uns Hauptamtliche zu wissen, dass wir von Ehrenamtlichen Unterstützung bekommen“, sagte er. Er sei überwältigt, dass so viele an diesem Abend gekommen seien, um ihre Hilfe anzubieten. „Was die Flüchtlinge emotional stützt, ist zu sehen, dass es unter den Bürgern welche gibt, die sie sehen, die ihnen helfen wollen“, sagte er. 40 Prozent der Flüchtlinge seien schwer traumatisiert. Für diese werde man vom 1. Oktober an ein Traumaprojekt starten, bei dem Psychologen die Flüchtlinge begleiten. Dies finanzieren die Caritas aus Eigenmitteln.

„Balance zwischen Offenheit und klarer Ansage“

Pfarrer Maier-Revoredo wies die freiwilligen Helfer noch auf einige wichtige Dinge in der Arbeit mit Flüchtlingen hin. Etwa, dass diese eine humanitäre und keine politische Arbeit sei. Zudem bat er sie darum, „mit Ihren Kräften hauszuhalten und den Flüchtlingen nicht zu viel zu versprechen. Sie können nicht all ihre Probleme lösen, umreißen Sie Ihre Grenzen und was Sie tun möchten. Lernen Sie, nein zu sagen“, sagte der Pfarrer, der seit weit mehr als 20 Jahren Erfahrung hat in der Flüchtlingsarbeit. Wichtig sei zudem eine „Balance zwischen Offenheit und klarer Ansage“, formulierte Maier-Revoredo.

Im Anschluss verteilten sich die Anwesenden auf sechs Arbeitsgruppen: Begleitung, Sprachförderung für Erwachsene, Hausaufgabenhilfe, Freizeitgestaltung, Kassenteam und Sachspenden. Jede Gruppe wählte einen Sprecher und einen Stellvertreter und legte den Termin zum ersten Gruppentreffen fest. Zum Ende des Abends bedankte sich Maier-Revoredo nochmals bei den Ehrenamtlichen für ihr Engagement. „Das ist ein großer Reichtum, den es da in Möhringen gibt“, sagte der Pfarrer.