Nach einem Hungerstreik in der Raichbergturnhalle besuchen Stuttgarter Sozialamtsmitarbeiter das Quartier. Die Behörde sagt einen baldigen Umzug zu.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Nach Protesten gegen Lärm, mangelnder Privatsphäre und zu lange Unterbringung in einem Massenquartier hat das Sozialamt der Stadt den Bewohnern der Raichbergturnhalle am Mittwoch eine gute Nachricht überbracht: Sie werden schon bald umziehen können. Die Stadt ermöglicht es den Asylbewerbern, voraussichtlich am 22. Februar in angemietete Räume und Systembauten umzuziehen. Die Bewohner hatten am Dienstag mit einem symbolischen, eintägigen Hungerstreik gegen die Verhältnisse in der Turnhalle protestiert.

 

Sozialamt überrascht von den Klagen

„Wir haben nicht den Umzugstermin vorgezogen, sondern ihn lediglich früher bekannt gegeben“, sagt Stefan Spatz, der Leiter des Sozialamts. Er habe sich gewundert, dass plötzlich Klagen aus der Halle kamen. Bisher seien ihm keine Probleme gemeldet worden. „Dabei wissen wir, dass Hallen eine problematische Unterbringung sind. Deswegen haben wir sie ja nur genommen, als es nicht mehr anders ging.“

Bei der Protestaktion am Dienstag hatten die Asylbewerber beklagt, dass ihre Unterbringung nicht menschenwürdig sei. Außerdem erwähnten sie mangelnde Hygiene, fehlendes Klopapier und schlechtes Essen. Nicht alle hätten sich an der symbolischen Essensverweigerung beteiligt. Jeder vierte habe laut den Mitarbeitern des Malteserhilfsdienstes, die die Unterkunft betreuen, Nahrung zu sich genommen. „Meine Mitarbeiter sind hingefahren und machen sich ganz sachlich ein Bild von der Lage“, sagte Spatz am Mittwoch.

Man müsse Geschichten über ansteckende Krankheiten zum Beispiel immer sorgfältig prüfen. Es stimme, dass eine ehrenamtliche Mitarbeiterin Kindern gegen einen Ausschlag eine Salbe gegeben habe. „Aber wir hatten keine Epidemie ansteckender Krankheiten“, so Spatz. Bei Flüchtlingsunterkünften in Turnhallen müsse man immer sehr schnell reagieren, wenn jemand ernsthaft krank sei. „Die Person muss dann schnell in ein Krankenhaus gebracht werden“, erläutert Spatz. Probleme wegen Mangel an Klopapier seien ihm noch nie zugetragen worden. „Das geht normalerweise nicht aus.“ Auch Beschwerden über Seifendiebe in Turnhallen habe er noch nicht bekommen.

Bewohner berichten von erkrankten Kindern

Die Bewohner sehen die Lage nicht ganz so. Immer wieder seien Kinder krank, berichtet Hazem Al Hatem, ein Syrer, der dort seit Ende Oktober lebt. Ansonsten sei es in er Unterkunft zwar friedlich, aber oft laut: „Wir müssen dringend Deutsch lernen, ich bin Ingenieur und kann arbeiten. Aber wenn ich weder schlafen kann noch Ruhe habe, um zu lernen, klappt das nicht.“ Er hoffe, bald eine Wohnung zu finden. „Man hat uns gesagt, wir müssten hier nur vier Wochen lang bleiben, und nicht für Monate.“ Spatz widerspricht: „Wir hatten angekündigt, dass wir die Turnhallen für mehrere Monate brauchen, einen Umzug nach vier Wochen haben wir nie versprochen.“