Acht junge Männer, die nach Deutschland geflüchtet sind, haben ihre Mathematikprüfungen bestanden. In einem halben Jahr lernten sie erfolgreich Inhalte aus vier Schuljahren.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Für manch einen ist das ein echter Albtraum: den Stoff von vier Schuljahren Mathematik in einem halben Jahr zu lernen, um eine Prüfung bestehen zu können. Acht junge Männer haben das in Waiblingen zustande gebracht und das dazu noch mit einem Handicap: Sie lernten in der von ihnen noch nicht ganz beherrschten Fremdsprache Deutsch. Die Männer im Alter zwischen 22 Jahren bis Mitte 30 stammen aus Afghanistan, Pakistan oder Gambia und sind als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Die Prüfung, die sie jetzt erfolgreich abgelegt haben, ist der erste Schritt zum Metallfacharbeiter.

 

Voller Eifer beim Unterricht und im Praktikum

„Mathematik der Schuljahre sieben bis zehn haben wir erarbeitet“, sagt Wolfgang Wacker, der als Dozent für den Bildungsträger BBQ in Waiblingen arbeitet. „Unterrichtet wird in Deutsch. Wenn jemand etwas nicht verstanden hat, gibt er dieses Handzeichen, das Stop bedeutet“, sagt der Betriebswirt und symbolisiert ein T, indem er die rechte Hand senkrecht hält und die linke im rechten Winkel dazu draufsetzt. „Dann versuche ich es erst nochmal auf Deutsch. Wenn es dann immer noch nicht klar ist, erklärt es ein anderer Kursteilnehmer in der jeweiligen Muttersprache.“

Die Methode ist allem Anschein nach sehr wirkungsvoll, auf jeden Fall wird dabei subtil noch Sprachunterricht erteilt. Alle acht, die zur Prüfung angetreten sind, haben bestanden. „Ursprünglich hatten wir zehn Teilnehmer, aber einer ist krank geworden und einer weggezogen“, erzählt Wolfgang Wacker.

Die Kursleiterin Silvyia Broyer war jedenfalls so angetan von den Leistungen, dass sie eine Feier zur Übergabe der Zeugnisse organisierte. Dabei dankte sie auch Rainer Hilt von der Paulinenpflege in Winnenden. Dort absolvierten die Kursteilnehmer ein sechswöchiges Praktikum. „Unsere Werkstätten bieten sich dazu an“, sagt Hilt, der vom Einsatz der Teilnehmer ziemlich beeindruckt ist. „Von unseren Lehrlingen sind wir das nicht in dem Maß gewohnt“, meint er. Den selben Elan legten die acht Männer, darunter einige gestandene Familienväter, auch im Unterricht an den Tag. Pro Tag sieben Stunden Mathematikunterricht am Stück ohne auch nur ein bisschen zu murren, das ist ein Wort.

Zum nächsten Herbst sollen die Deutschkenntnisse sitzen

„Vier der Teilnehmer haben sehr gute Chancen, einen Ausbildungsplatz bei einem Chemieunternehmen, bei Daimler, Bosch, Mahle oder der Paulinenpflege zu bekommen“, sagt Silvyia Broyer. Zwei weitere haben bereits Praktika bei Bosch absolviert und haben Zusagen auf Ausbildungsplätze, sobald ihre Deutschkenntnisse auf dem B 1-Level sind. „Deshalb büffeln sie jetzt eifrig Deutsch, damit sie zum Ausbildungsbeginn im September 2017 dieses Niveau erreicht haben“, so Silvyia Broyer.

Der Kurs sei nicht der einzige, den er so motiviert erlebt habe, sagt Wolfgang Wacker. „Ich habe bereits in Ulm einen geleitet,“ sagt der gebürtige Gmünder. Ob er denn weiter Kurse geben will? „Auf jeden Fall. Das ist ein Erlebnis. Herkunft und Religion spielen dabei keine Rolle.“