Fremdenfeindliche Pöbeleien bei Facebook & Co. werden hart bestraft. Die Aggressivität im Netz nimmt immer mehr zu.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Fünf Worte kommen eine 29-jährige Frau aus dem Berliner Plattenbauviertel Marzahn teuer zu stehen. „Weg mit dem Dreck“, hatte sie bei Facebook gepostet. Dieser Kommentar bezog sich auf einen Zeitungsartikel über Asylbewerber. Die aggressive Nutzerin schrieb zudem: Es müssten „noch viel mehr Asylheime brennen“. Das bezahlt sie jetzt mit fünf Monaten Haft auf Bewährung. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte die Frau wegen Volksverhetzung. Ihr nützte auch nichts, dass sie im Gerichtssaal Reue zeigte.

 

Diese Art von Hetze ist kein Einzelfall. Es gebe „auf ganz vielen Plattformen tausende und abertausende solcher Äußerungen“, sagt Otto Vollmers von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia, die sich mit einschlägigen Beschwerden befasst. Der gemeinnützige Verein arbeitet auch in der „Task Force gegen Hasskommentare“ mit, die das Bundesjustizministerium eingerichtet hat. Sie soll bis Ende des Jahres Vorschläge unterbreiten, wie das „Beschwerdemanagement“ im Umgang mit fremdenfeindlichen Beiträgen zu sozialen Netzwerken verbessert werden kann. „Wir wollen, dass Hasskommentare schneller und besser aus dem Netz entfernt werden“, sagt Philip Scholz, ein Sprecher des Ministeriums. Er berichtet von einer „gewachsenen Sensibilität“ sowohl der Betreiber als auch der Internetgemeinde.

Die Zahl der Strafanzeigen nimmt deutlich zu

Das bekommt auch die Staatsanwaltschaft Berlin zu spüren. Die Zahl der Strafanzeigen wegen Fällen von Hetze im Netz habe deutlich zugenommen, sagt Martin Steltner, Sprecher der Behörde. Grundsätzlich gelte: „Die Meinungsfreiheit ist natürlich ein hohes Gut, das Strafrecht nur die Ultima Ratio.“ Gleichwohl bleiben rechtsradikale Pöbeleien bei Facebook & Co. nicht ungesühnt. Es gibt eine ganze Reihe von Strafparagrafen, über die fremdenfeindliche Hetzer stolpern können: Beleidigung oder üble Nachrede zum Beispiel, Volksverhetzung, öffentliche Aufforderung oder Anleitung zu Straftaten. „Gesetzeslücken gibt es nicht“, sagt der Kontrolleur Vollmers, „wir haben Vorschriften, die ausreichen.“ Philip Scholz vom Justizministerium gibt eine schlichte Leitlinie vor: „Was man offline nicht darf, das ist auch online verboten.“

Polizei und zivilgesellschaftliche Organisationen raten dazu, sich in Zweifelsfällen direkt bei den Betreibern von Plattformen wie Facebook oder Twitter zu beschweren. „Rechtswidrige Beiträge werden umgehend gelöscht“, so lautet die Erfahrung der Freiweilligen Selbstkontrolle. Falls dies nicht geschieht, hilft eine Anzeige bei einer Onlinewache der Polizei.

Was dann passiert, das bekommen jetzt drei Facebook-Manager am eigenen Leib zu spüren. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat gegen sie Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen Beihilfe zur Volksverhetzung eingeleitet. Ein Rechtsanwalt aus Würzburg erstattete Anfang Oktober Strafanzeige. Er hatte Facebook zuvor Hasskommentare gemeldet. Das soziale Netzwerk habe aber nicht alle der gemeldeten Beiträge gelöscht.

„Bild“ stellt Hetzer an den Pranger

Das Boulevardblatt „Bild“ hat sich unterdessen vorgenommen, „Hetzer an den Pranger“ zu stellen. Am Dienstag veröffentlichte die Zeitung auf zwei Seiten entsprechende Botschaften aus den sozialen Netzwerken – samt Namen und Fotos der Urheber. Denen droht nun Ungemach. Das zeigt eine Reihe einschlägiger Urteile aus den vergangenen Wochen: Der jüngste Fall ist die zitierte 29-jährige Frau aus Marzahn. Ende September hatte das Amtsgericht Meißen einen Paketzusteller wegen menschenverachtender Polemik gegen Flüchtlinge zu 400 Euro Geldstrafe verurteilt. Der 36 Jahre alte Mann hat einen Brandanschlag auf eine geplante Asylunterkunft hämisch kommentiert. Das Gericht wertete dies als Verstoß gegen Paragraf 140 des Strafgesetzbuchs. Da geht es um „Belohnung und Billigung von Straftaten“. Wer dies tut, muss mit Sanktionen rechnen, wenn es in einer Weise geschieht, „die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. Ähnlich erging es einem 25-jährigen Mann aus Tettenweis, einem Dorf in Niederbayern. Er hatte Asylbewerbern angedroht, „eine Gasflasche und eine Handgranate frei Haus“ zu liefern. Dieser Facebook-Beitrag sei „aus einer Wirtshausstimmung heraus“ entstanden, sagte der Mann. Dem Richter war aber nicht nach Wirtshausstimmung zumute. Er verhängte eine Geldstrafe von 7500 Euro. Sein Kommentar zum Angeklagten nach dem Urteil: „Sie haben es sicherlich mitbekommen, die ersten Asylbewerberheime brennen bereits.“

Das Amtsgericht Wismar ordnete wegen Volksverhetzung via Internet fünf Monate Gefängnis auf Bewährung plus 300 Euro Geldstrafe an. Ähnlich gelagert ist ein Fall, der im September beim Amtsgericht Bückeburg verhandelt wurde. Dort lautete das Urteil auf vier Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung – plus 500 Euro Geldstrafe.