Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Im Tal von Lojane Bach hadert der syrische Kriegsflüchtling Abdullah mit seinem Schicksal, der gleichgültigen Staatenwelt – und den serbischen Gesetzeshütern. Als unfreiwilliges Strandgut auf der Balkanroute ist der 40-jährige Sportlehrer auf seiner einjährigen Flucht-Odyssee erst wenige Stunden zuvor in dem unwirtlichen Niemandsland gelandet: „Ich weiß nicht, wo ich hier bin – und wohin ich soll.“

 

Vor einem Jahr sei er aus seiner Heimatstadt Al-Hasaka geflohen, erzählt der drahtige Kurde mit bedrückter Stimme: „Erst überzogen die Truppen von Assad das Land mit Krieg. Dann kamen die Kämpfer der Al-Kaida und brannten uns Kurden die Häuser ab.“ Zunächst flüchtete er in die Türkei. 5000 Euro bezahlte der Lehrer dort einem Schlepper, der versprach, ihn per Lkw nach Österreich zu bringen.“ Doch abgesetzt wurde Abdullah schließlich an einer serbischen Landstraße. Als ihn Polizisten aufgriffen, mühte sich Abdullah vergeblich, Asyl zu beantragen: „Sie schlugen mich und verhafteten mich. Der Richter sagte, du bleibst wegen illegalen Grenzübertritts zehn Tage im Gefängnis – und dann wirst du nach Mazedonien zurückgebracht. Doch ich bin hier nie gewesen, kenne Mazedonien überhaupt nicht.“

Viele wollen hier nur Kräfte sammeln

Für 98 Prozent der Asylbewerber sei Serbien nur eine Durchgangsstation – und ihr Asylantrag eine Gelegenheit, Kräfte zu sammeln oder bei Angehörigen neue Mittel für die Weiterreise zu organisieren, so die Erfahrung von Djurovic. Selbst mehrmaliges Scheitern an einer Transitgrenze halte die Flüchtlinge nicht von ihrem Ziel ab: „Wer entschlossen ist, überwindet die Grenze irgendwann – und zieht weiter:“ Wer es bis Serbien schaffe, habe viel Geld investiert: „Für sie gibt es keine Alternative: Niemand will in Länder wie Syrien oder Somalia zurück.“ Außer über die Albanien-Montenegro-Route verspüre Serbien vor allem über Bulgarien einen verstärkten Immigrationsdruck. Frontex könne noch soviel Millionen in neue Grenzzäune pumpen: Immigration lasse sich bremsen oder umleiten, doch nicht stoppen, sagt Djurovic: „Sie ist wie ein Fluss: Versucht man ihn aufzuhalten, schlägt er andere Wege ein.“

Die meisten der in Lojane gestrandeten Flüchtlinge sind Akademiker – Ärzte, Architekten, Lehrer oder Studenten. Wortlos zeigt einer seinen mit Brandwunden übersäten Oberkörper. In syrischer Haft sei sein Schicksalsgenosse mit Elektrokabeln geschlagen und gefoltert worden, erzählt ein Medizinstudent: „Als er rauskam, war er halb tot.“ Mit Verständnis könnten die Flüchtlinge dennoch nicht rechnen, klagt der syrische Kurde: „Europa behandelt uns wie der letzte Dreck. Die Schlepper nehmen uns unser Geld, die Polizei die Freiheit – und Diebe stehlen uns selbst die Schuhe von den Füßen.“ Angst vor Wölfen, Skorpionen oder Schlangen habe er keine: „Nur vor den Menschen.“

Die Albaner sind arm geblieben

Mit Lehm verputzte Mauern umsäumen die Bauernhöfe in Lojane. 2001 brach ein blutiger Albaner-Aufstand im ärmlichen Dreiländereck zu Kosovo und Serbien aus. Mazedonien taumelte monatelang am Rand eines Bürgerkriegs. Der Friedensvertrag von Ohrid sollte der albanischen Minderheit mehr Rechte sichern, doch ihre Lage verbesserte sich kaum. Zusatzeinkünfte bringt nur der Schmuggel – früher von Zigaretten, nun von Menschen.

Die Umsätze der Schlepperbanden seien „enorm“,, berichtet Djurovic. Bis zu 10 000 Euro haben Flüchtlinge für die Passage von Zentralasien bis nach Westeuropa zu berappen – ein Teil bleibt in den Ländern des Westbalkans hängen. Der Schmuggel in der Region habe sich durch die UN-Sanktionen im Kriegsjahrzehnt der 90er Jahre und die starken kriminellen Banden zwischen den exjugoslawischen Staaten über die Grenzen hinweg entwickelt, so Djurovic: „Die Netzwerke werden nun zum Menschenschmuggel aktiviert.“

Serbien als Durchgangsstation

Im Tal von Lojane Bach hadert der syrische Kriegsflüchtling Abdullah mit seinem Schicksal, der gleichgültigen Staatenwelt – und den serbischen Gesetzeshütern. Als unfreiwilliges Strandgut auf der Balkanroute ist der 40-jährige Sportlehrer auf seiner einjährigen Flucht-Odyssee erst wenige Stunden zuvor in dem unwirtlichen Niemandsland gelandet: „Ich weiß nicht, wo ich hier bin – und wohin ich soll.“

Vor einem Jahr sei er aus seiner Heimatstadt Al-Hasaka geflohen, erzählt der drahtige Kurde mit bedrückter Stimme: „Erst überzogen die Truppen von Assad das Land mit Krieg. Dann kamen die Kämpfer der Al-Kaida und brannten uns Kurden die Häuser ab.“ Zunächst flüchtete er in die Türkei. 5000 Euro bezahlte der Lehrer dort einem Schlepper, der versprach, ihn per Lkw nach Österreich zu bringen.“ Doch abgesetzt wurde Abdullah schließlich an einer serbischen Landstraße. Als ihn Polizisten aufgriffen, mühte sich Abdullah vergeblich, Asyl zu beantragen: „Sie schlugen mich und verhafteten mich. Der Richter sagte, du bleibst wegen illegalen Grenzübertritts zehn Tage im Gefängnis – und dann wirst du nach Mazedonien zurückgebracht. Doch ich bin hier nie gewesen, kenne Mazedonien überhaupt nicht.“

Viele wollen hier nur Kräfte sammeln

Für 98 Prozent der Asylbewerber sei Serbien nur eine Durchgangsstation – und ihr Asylantrag eine Gelegenheit, Kräfte zu sammeln oder bei Angehörigen neue Mittel für die Weiterreise zu organisieren, so die Erfahrung von Djurovic. Selbst mehrmaliges Scheitern an einer Transitgrenze halte die Flüchtlinge nicht von ihrem Ziel ab: „Wer entschlossen ist, überwindet die Grenze irgendwann – und zieht weiter:“ Wer es bis Serbien schaffe, habe viel Geld investiert: „Für sie gibt es keine Alternative: Niemand will in Länder wie Syrien oder Somalia zurück.“ Außer über die Albanien-Montenegro-Route verspüre Serbien vor allem über Bulgarien einen verstärkten Immigrationsdruck. Frontex könne noch soviel Millionen in neue Grenzzäune pumpen: Immigration lasse sich bremsen oder umleiten, doch nicht stoppen, sagt Djurovic: „Sie ist wie ein Fluss: Versucht man ihn aufzuhalten, schlägt er andere Wege ein.“

Die meisten der in Lojane gestrandeten Flüchtlinge sind Akademiker – Ärzte, Architekten, Lehrer oder Studenten. Wortlos zeigt einer seinen mit Brandwunden übersäten Oberkörper. In syrischer Haft sei sein Schicksalsgenosse mit Elektrokabeln geschlagen und gefoltert worden, erzählt ein Medizinstudent: „Als er rauskam, war er halb tot.“ Mit Verständnis könnten die Flüchtlinge dennoch nicht rechnen, klagt der syrische Kurde: „Europa behandelt uns wie der letzte Dreck. Die Schlepper nehmen uns unser Geld, die Polizei die Freiheit – und Diebe stehlen uns selbst die Schuhe von den Füßen.“ Angst vor Wölfen, Skorpionen oder Schlangen habe er keine: „Nur vor den Menschen.“

Für die Deportation in die Herkunftsländer mangelt es den Balkanstaaten an Mitteln – und Rückführungsabkommen. Während die EU-Staaten über effektive Deportationsmechanismen verfügen, sieht sich der EU-Vorhof mit dem doppelten Druck einer steigenden Zahl neuer Immigranten sowie abgeschobener Grenzgänger konfrontiert. 42 628 Immigranten hat die EU-Grenzschutzbehörde Frontex allein im dritten Quartal 2013 abgeschoben – doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. „Wir sind nicht nur Zahlen, wir sind Menschen“, sagt der in Lojane gestrandete Abdullah. Wo seine drei Kinder seien, wisse er nicht. Das Einzige, was er wolle, sei Frieden, sagt der Syrer verbittert: „Doch Europa hat uns Syrer vergessen. Alle reden über Menschenrechte, aber sie tun nichts für uns.“