Die Bezirksbeiräte rüffeln die Stadt für ihre Informationspolitik. Die Aufnahme der Flüchtlinge in Plieningen begrüßen sie aber ausdrücklich.

Plieningen - Die Weltpolitik nimmt keine Rücksicht auf Stuttgart. Mit dieser Aussage versuchte Stefan Spatz, der stellvertretende Leiter des städtischen Sozialamts, in der Bezirksbeiratssitzung am vergangenen Montag zu erklären, warum die Info, dass Flüchtlinge in Plieningen untergebracht werden, so spät kam. 159 Asylsuchende sollen von 2014 an im Bezirk untergebracht werden (siehe Infobox). Die Zahl der Flüchtlinge sei überraschend angestiegen, erst Ende Oktober gründete sich eine Task Force der Stadt. Diese prüfte dann im Akkord Standorte, erst vor wenigen Tagen sei schließlich klar gewesen, wo neue Systembauten entstehen werden.

 

„Ein Flüchtlingsstrom ist kein Naturereignis“

Die Bezirksbeiräte versöhnte das nur wenig. Sie ärgerten sich, dass sie selbst und auch die Bürger nicht einbezogen wurden. „Ein Flüchtlingsstrom ist kein Naturereignis“, sagte etwa Martin Selje, stellvertretender Bezirksbeirat der Grünen. „Es ist wichtig, die Bürger zu informieren. Schließlich wollen Sie, dass wir ehrenamtlich aktiv werden“, ergänzte er. Auch der Christdemokrat Carl-Christian Vetter, der SPD-Sprecher Ulrich Berger und Thilo Reith von der FDP schlossen sich der Kritik an. Vetter richtete seinen Unmut zudem in Richtung der Bezirksvorsteherin: „Den Alleingang des Bezirksamts finde ich komisch“, monierte er.

Wie berichtet, kam der Vorschlag, dass Plieningen ein geeigneter Standort für eine der von 2014 an benötigten Flüchtlingsunterkünfte wäre, von der Bezirksvorsteherin Andrea Lindel. Sie hatte die Stadt darauf hingewiesen, dass auf der Festwiese am Hallenbad im Wolfer bereits in den 1990er-Jahren Flüchtlinge untergebracht waren. Axel Wolf vom Liegenschaftsamt sagte in der Sitzung am Montag, dass die Stadt selbst gar nicht auf den Standort gekommen wäre. Das Grundstück sei nämlich als Grünanlage ausgewiesen. Und diese seien aus bürokratischen Gründen von Anfang an durch das Raster gefallen. Umso dankbarer sei man für konkrete Vorschläge, sagte Spatz.

Räte befürchten, dass Kita-Plätze nicht ausreichen

Besonders soziale Themen trieben die Bezirksbeiräte um. Seien es die Kinderbetreuung, die medizinische Versorgung oder die ethnische Mischung. Thilo Reith von der FDP brachte die größte Sorge der Lokalpolitiker als erster auf den Punkt: „Für die Kinder in Plieningen und Birkach gibt es schon jetzt nicht genug Kita-Plätze. Kann man denn keine Kita dazubauen?“, fragte er. Die Idee fand im Gremium große Zustimmung. Sozialamtsleiter Stefan Spatz gab jedoch zu bedenken: „Niemand weiß, wie viele Kinder kommen, niemand weiß, wie alt sie sind und niemand weiß, welche Mütter ihre Kinder in die Kita geben wollen.“ Die Frage von Magdalene Straile (CDU), welche Ärzte sich denn um die 159 Flüchtlinge, die nach Plieningen kommen sollen, kümmern werden, beantwortete Spatz etwas verärgert: „Das sind Stuttgarter Neubürger, und die werden bitte von den Stuttgarter Ärzten betreut.“ Schließlich würden ja nicht alle auf einmal krank werden.

Auf die Frage zum Betreuungsschlüssel gab Spatz die Auskunft, dass zwei bis drei Betreuer für Plieningen zuständig sein werden. Welcher der freien Träger wie etwa die Caritas oder die Eva von der Stadt beauftragt wird, sei noch nicht klar. Die Sorge, dass die ethnische Verträglichkeit der Flüchtlinge bei der Belegung nicht beachtet werde, konnte Spatz nehmen: „Wir belegen unsere Unterkünfte handverlesen.“ Über eine mögliche Folgenutzung der Gebäude für Studenten, konnten die Vertreter der Stadt nichts Konkretes sagen.

Doch es hagelte nicht nur Kritik seitens der Bezirksbeiräte in der Sitzung am Montagabend. Besonders keine generelle. Dass der Bezirk die Flüchtlinge offen aufnehmen wird, stand für keinen der Lokalpolitiker zur Debatte. „Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst“, sagte etwa Martin Selje von den Grünen. Das goutierte Sozialamtsleiter Stefan Spatz: „Ich bin von Herzen dankbar, dass wir hier in Plieningen eine gute Stimmung haben.“