Weil der Bau von Flüchtlingsheimen privilegiert wird, könnte in Litzelstetten bald ein solches Heim mit Seesicht entstehen. Das können viele nicht verstehen. Doch so schlecht ist das Gesetz gar nicht, findet Eberhard Wein.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Konstanz - Ein Flüchtlingsheim mit bester Seesicht an einer Stelle, an der kein braver Deutscher sein Reihenhäuschen bauen darf? Die Geschichte aus dem Konstanzer Stadtteil Litzelstetten wirkt wie eine neue Runde Bier für den Stammtisch, der in heutigen Zeiten längst nicht mehr im Dorfgasthaus zecht, dafür umso erregter in einschlägigen Internetforen diskutiert. Dort ist man sich einig, dass die Neuankömmlinge aus den Bürgerkriegsgebieten Privilegien genießen, die den Einheimischen nie und nimmer zuteilwerden.

 

Und tatsächlich: In jenem neu formulierten Paragrafen des Bundesbaugesetzbuches geht es um nichts anderes als eine baurechtliche (Teil-)Privilegierung solcher Vorhaben. Flüchtlinge können dadurch auch in Gewerbegebieten untergebracht werden. Und selbst Außenbereiche, sofern sie an das Siedlungsgebiet direkt anknüpfen, sind nicht mehr tabu.

Den Gesetzgeber, der hier einmal lobenswert frühzeitig tätig wurde, leiteten dabei zwei Gedanken. Zum einen wollte er den Städten und Gemeinden die Möglichkeit schaffen, schneller und unter Umgehung komplizierter Bauplanungsprozesse auf die Anforderungen der Flüchtlingskrise zu reagieren. Zum anderen wollte er einen Verdrängungswettbewerb verhindern. Gerade für Unistädte wie Konstanz, in denen der Baugrund knapp ist, bietet das Gesetz die Möglichkeit, Flüchtlingsunterkünfte zu bauen, ohne den eigenen Immobilienmarkt zu strapazieren.

Nicht nur die Stadt Konstanz macht davon rege Gebrauch. Insofern wäre es falsch, das Flüchtlingsunterbringungs-Maßnahmengesetz, wie es offiziell und sperrig heißt, als Fehler zu betrachten. Es zeigt sich aber, dass die Novelle ihr Ziel, Konflikte auszuräumen, manchmal nur auf Kosten neuer Konflikte erreicht. Die Erfahrung lehrt dabei: Gegenüber der Mühe, die es macht, eine aufgewiegelte Anwohnerschaft zu besänftigen, ist die Abwicklung eines sauberen Bebauungsplanverfahrens oftmals ein Klacks.