Der Bezirksbeirat stimmt mehrheitlich für das städtischen Vorhaben, im Gewann Steinröhre Flüchtlingsheime zu errichten.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Weilimdorf - Wir hätten alle nicht gedacht, dass wir das Thema so schnell wieder auf der Tagesordnung haben“, sagte die Bezirksvorsteherin Ulrike Zich bei der Bezirksbeiratssitzung am Mittwoch. Erst im Oktober hatte das Gremium über einen Standort für die zweite Tranche an Flüchtlingen diskutiert, damals ging es um den Bau zweier Unterkünfte an der Solitudestraße 121 für 156 Menschen. Nun wurde erneut über eine Fläche beraten, diesmal für die dritte Tranche an Asylsuchenden. Das Grundstück, das die Stadtverwaltung nun für das Unterbringen von maximal 243 Menschen im Bezirk vorsieht, liegt im Stadtteil Hausen im Gewann Steinröhre.

 

Es handelt sich um eine brachliegende Sportfläche zwischen dem Gewerbegebiet Ditzingen und Hausen, etwa 100 Meter vom Ortsrand entfernt. Der Bezirksbeirat selbst hatte die Fläche bei der Oktobersitzung zur Prüfung angeregt. „Wir haben den Vorschlag gerne aufgenommen“, sagte Axel Wolf vom Amt für Liegenschaften und Wohnen. Das Grundstück sei geeignet: Es ist verfügbar, zudem ist es für einen befristeten Zeitraum genehmigungsfähig. Erschlossen werden könne es über die Stuttgarter Gemarkung. Gas- und Stromleitungen müssten allerdings verlegt werden. Da die vorgesehenen drei Systembauten nur einen Teil des Grundstücks belegen werden, die gesamte Fläche aber der Stadt gehöre, könne „eine vernünftige Gestaltung des Außenbereichs“ geplant werden wie zum Beispiel ein Bolzplatz für die Jugendlichen. Einige Vereine hätten schon Angebote angeregt, merkte Zich an.

Bezirksbeirat stimmt bei einer Gegenstimme zu

Der Bezirksbeirat stimmte dem Bau der Flüchtlingsunterkünfte trotz einiger Vorbehalte mehrheitlich zu. Michael Schrade von den Freien Wählern betonte, seine Fraktion sehe den Standort „mit gemischten Gefühlen“. Er sei abgelegen und nicht gut angebunden. Wichtig sei, dass ausreichend Parkplätze geschaffen würden, damit es für Betreuer und Ehrenamtliche gut erreichbar ist. Dies sei vorgesehen, bestätigte Wolf. Auch die Bitte Schrades, die Brandruine des ehemaligen Vereinsheims zu entfernen, sei laut Wolf möglich. Annekathrin Essig (Grüne) war ebenfalls skeptisch, was die Fläche betrifft: „Es ist in einem abgelegenen Stadtteil ein noch abgelegeneres Grundstück.“ Die soziale Kontrolle fehle dort. Wichtig sei, dass Orte geschaffen würden, wo Begegnungen stattfinden könnten.

Die einzige Gegenstimme kam von Stefan Gromer (AfD). Wenn 250 Menschen auf einem Sportplatz untergebracht würden, entstehe ein „Ghettocharakter“. „Das schafft soziale Isolierung. Integration ist was anderes“, so Gromer. Für ihn sei schwer vorstellbar, dass es in Stuttgart keine andere, besser gelegene Brachfläche gebe.

Die CDU-Fraktion befürwortete das Vorhaben. Anders als bei der Fläche an der Solitudestraße stehe eine Flüchtlingsunterkunft an dieser Stelle keiner anderen städtebaulichen Entwicklung entgegen, betonte der Sprecher Marc W. Benzinger.

SPD: Mangelhafte soziale Infrastruktur

„Der Standort ist aus unserer Sicht suboptimal“, sagte der stellvertretende SPD-Bezirksbeirat Eberhard Keller. Sowohl die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr als auch die soziale Infrastruktur seien mangelhaft. „Wir sehen aber die Notwendigkeit, daher wollen wir uns der Sache nicht verschließen.“ Er wollte aber wissen, ob der Lärm von der Autobahn 81 geprüft worden sei. „Tagsüber werden die Grenzwerte eingehalten, nachts leicht überschritten, was das Amt für Umweltschutz aber für vertretbar hält“, sagte Wolf.

Peter Hanle (SÖS-Linke-Plus) stimmte den Plänen trotz einiger Bedenken zu. „Ich halte es für den ungeeignetsten Standort, den man sich vorstellen kann. Er ist möglichst weit weg“, sagte er. Ihn störe, dass sich die Stadt nicht frühzeitig auf die Situation vorbereitet habe.

„Wir brauchen ein Miteinander“

Die Bezirksvorsteherin merkte an, dass Ende Mai, Anfang Juni ein Flüchtlingskreis gebildet werden solle, um sich Gedanken zu machen, wie die Asylsuchenden mithilfe von Ehrenamtlichen und Vereinen betreut werden können. „Wir brauchen ein Miteinander“, betonte sie und erinnerte daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg ganz Hausen fast nur aus Flüchtlingen bestand.

Am 18. Dezember wird der Gemeinderat über die Beschlussvorlage zur dritten Tranche abstimmen, laut Wolf soll noch in diesem Jahr das Baugesuch eingereicht werden. „Ende 2015 wollen wir die Objekte in Betrieb nehmen“, stellte er in Aussicht.