Mehr als 1000 Freiwillige im Landkreis engagieren sich für die Integration von Flüchtlingen. Nicht immer klappt die Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen reibungslos.

Kreis Böblingen - Entnervt hat Manfred Kosbi kürzlich das Handtuch geworfen. Der Koordinator der ehrenamtlichen Flüchtlinshilfe in Steinenbronn gab seinen Rücktritt bekannt. Genervt ist Kosbi aber nicht etwa von überzogenen Ansprüchen seiner Schützlinge, sondern von der Zusammenarbeit mit der Kommune. Diese würde gerne Sonntagsreden über die Arbeit des Arbeitskreises halten, aber bei der konkreten Kooperation hapere es dann ganz gewaltig, lautet sein Vorwurf. Auch ein vom Landratsamt vermittelter Mediator konnte den Bruch zwischen Kosbi und der Verwaltung nicht mehr kitten.

 

Gekriselt hat es kürzlich auch in Nufringen. Auch dort gab es Differenzen zwischen dem Netzwerk Asyl und der kommunalen Verwaltung. Diese habe man aber nun ausgeräumt, betont Christa Reiber vom Netzwerk, die auch Gemeinderätin ist. Mehr möchte sie nicht mehr sagen.

Zwischen 4000 und 5000 Flüchtlinge sind in den vergangenen drei Jahren in den Kreis Böblingen gekommen, der Großteil davon lebt noch immer in einer der 26 Kreiskommunen. Trotz guter Strukturen, dezentralen Unterkünften und vielen hauptamtlichen Mitarbeitern sei die Arbeit der Ehrenamtlichen unverzichtbar, sagt Katharina Pfister, die Leiterin des Amts für Migration und Flüchtlinge im Kreis. Auf etwa 1200 Freiwillige schätzt Pfister deren Zahl. „Die Ehrenamtlichen können zwar keine staatlichen Aufgaben ersetzen, aber sie sind sehr wichtig für die Integration. Sie sind die erste emotionale Bindung, die die Flüchtlinge in Deutschland aufbauen.“

Wie unverzichtbar das Engagement der Freiwilligen ist, macht Pfister am Beispiel des Deutschlernens deutlich. „Wir von der Kreisverwaltung organisieren Sprachkurse und stellen dafür Profis ein. Doch das Lernen klappt nur, wenn die Menschen die Sprache auch anwenden können.“ Und da kämen die Ehrenamtlichen ins Spiel.

Wichtig sei, das Engagement der Helfer wahrzunehmen, sagt die Integrationschefin. „Die machen das in ihrer Freizeit und sie machen es gerne. Aber sie fordern dafür unsere Unterstützung ein.“ Dafür hat der Kreis eigens zwei Ehrenamtsbeauftragte eingestellt, verschickt einen Newsletter an die Freiwilligen, bietet Fortbildungen und zweimal im Jahr einen Ehrenamtstag an. „Die Zusammenarbeit vor allem zwischen den Sozialbetreuern der Unterkünfte und den Freiwilligen ist sehr gut“, sagt Pfister.

Manchmal hapert es an der Kommunikation

Doch woran hapert es dann in der Flüchtlingsarbeit der Kommunen? Zu den Problemen in Steinenbronn und Nufringen möchte Katharina Pfister keine Stellung beziehen. Doch ihre Erfahrung ist, dass „sich Ehrenamtliche oft nicht richtig informiert fühlen“.

Solche Probleme kennt man in Sindelfingen nicht. „Die Zusammenarbeit zur Stadtverwaltung ist hervorragend“, lobt Sabine Mundle vom Arbeitskreis (AK) Asyl. „Bei jeder Sitzung des Koordinationsteams des AKs ist jemand aus dem Rathaus dabei, oft sogar der Sozialamtschef Herr Burr selbst“. Und auch an allen Terminen der Patengruppe nehme ein Ansprechpartner der Stadt teil. „Wir erfahren alle Neuerungen sofort und können auch unsere Anliegen und Probleme vorbringen“, berichtet Mundle.

Ein anderes Modell praktiziert die Gemeinde Holzgerlingen. Hier hat die Stadtverwaltung den Asylhelferkreis mitgegründet und koordiniert bis heute alle Aktivitäten. „Für die Ehrenamtlichen hat das den Vorteil, dass die Wege ins Rathaus kurz sind“, sagt Vivien Dölker. Die Standesbeamtin ist eine der beiden städtischen Koordinatoren. Dies bestätigt auch Thomas Maurer, der für die Ehrenamtlichen im Koordinierungsteam ist. Andere Städte, zum Beispiel Böblingen und Herrenberg, haben eigene Ehrenamtsbeauftragte für die Flüchtlingshilfe angestellt. Und in manchen kleineren Gemeinden wie Aidlingen und Schönaich haben die Bürgermeister die Ehrenamtskoordination zur Chefsache gemacht.

Egal welches Modell eine Kommune wähle, wichtig sei großtmögliche Transparenz, um die Helfer bei der Stange zu halten, sagt Pfister. Deren Engagement lasse trotz Stimmungswandels in der Republik gegenüber Flüchtlingen nicht nach, meint die Integrationschefin. Anders sieht das die Sindelfingerin Sabine Mundle. „Die Euphorie hat nachgelassen. Es ist schwieriger geworden, Mitarbeiter zu finden.“ Vor allem Paten für Familien und Einzelpersonen werden gesucht – in Sindelfingen genauso wie in Holzgerlingen und Nufringen und auch sonst fast überall im Landkreis.