Das Wissenschaftsministerium baut die Ausbildung von Lehrern, die Deutschunterricht für Flüchtlinge erteilen sollen, aus. Zehn Hochschulen beteiligen sich an den Kursen.

Stuttgart - Die ersten 96 Absolventen haben ihren Abschluss als Experten für Deutsch als Zweitsprache bereits in der Tasche, weitere 334 befinden sich derzeit in der Qualifizierung. Auch für 2017 planen mehrere Hochschulen in Baden-Württemberg Spezialkurse für Lehrer, die in Flüchtlingsklassen Deutschunterricht geben wollen.

 

Der Bedarf an entsprechend qualifizierten Deutschlehrern im Südwesten ist weiterhin groß. Zum Teil müssen Geflüchtete monatelang auf einen Platz in einem Sprachkurs warten, weil es an ausgebildeten Lehrkräften mangelt. „Unnötige Wartezeit auf einen Deutschkurs ist verlorene Zeit für die Betroffenen selbst und für den weiteren Integrationsprozess“, sagt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Deshalb sei es wichtig, „innerhalb möglichst kurzer Zeit mehr geeignete Sprachlehrer für diese dringende Aufgabe zu qualifizieren“.

Botschafter der deutschen Kultur

Dazu sollen die Spezialkurse an zehn Hochschulen im Land beitragen. Dort können sich Personen, die bereits einen Hochschulabschluss haben, auf die besonderen Anforderungen von Deutschunterricht mit Flüchtlingen vorbereiten. „Wir wollen sie in die Lage versetzen, die deutsche Sprache zu lehren sowie als Botschafter der deutschen Kultur im In-und Ausland für Menschen nichtdeutscher Muttersprache aufzutreten“, sagt Bauer.

An der Qualifizierung beteiligen sich die Pädagogischen Hochschulen Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Ludwigsburg, Schwäbisch Gmünd und Weingarten sowie die Universitäten Freiburg, Heidelberg, Mannheim und Stuttgart. Einige Hochschulen bieten mehrwöchige Seminare mit Blockveranstaltungen an, an anderen werden die Teilnehmer über ein oder zwei Semester hinweg auf den Deutschunterricht für Ausländer vorbereitet. Das Ministerium unterstützt die Ausbildung mit 1000 Euro je Teilnehmer. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anerkennt die Kurse pauschal.

Eingesetzt werden die Dozenten beispielsweise an Volkshochschulen und anderen Bildungseinrichtungen, die im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Sprach- und Integrationskurse anbieten. Gefragt sind Lehrer, die Deutsch als Zweitsprache oder als Fremdsprache vermitteln können, aber auch in den Schulen. Ende des Jahres besuchten rund 31 000 Schüler eine der über 2000 Vorbereitungsklassen an einer allgemeinbildenden Schule, knapp die Hälfte an einer Grundschule. Etwa 9300 junge Flüchtlinge ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen sitzen in den 580 Klassen zur Vorqualifizierung auf Arbeit und Beruf, um anschließend in reguläre Klassen oder die Arbeitswelt zu wechseln.

Hochschulen sollen bessere Unterrichtsmethoden entwickeln

Seit Monaten ist aus der Wirtschaft immer wieder die Forderung zu hören, dass junge Flüchtlinge noch mehr Deutschunterricht brauchen, damit sie anschließend erfolgreich eine Ausbildung absolvieren können. Ein Jahr oder gar weniger reichten dafür kaum aus. Handwerk und Industrie, Gastronomie, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen hoffen darauf, dass sie freie Ausbildungsplätze mit Flüchtlingen besetzen können.

Baden-Württemberg müsse die Altersgrenze für den freiwilligen Besuch einer beruflichen Schule von 20 auf 25 Jahre anheben – wie Bayern, fordern Lehrerverbände und die SPD. Auch seien mehr Klassen und eine intensivere Förderung notwendig.

Dass es Nachholbedarf bei der Sprachförderung gibt, belegen seit Jahren Schülervergleichsstudien wie Pisa und Iglu. Das gilt nicht nur für Klassen mit Flüchtlingen, sondern auch für reguläre Schulklassen mit Schülern, die zu Hause eine andere Sprache sprechen.

Deutsch als Fremdsprache soll in die Lehrerbildung

Deshalb will das Wissenschaftsministerium das Thema Deutsch als Zweitsprache/Deutsch als Fremdsprache noch stärker in der Lehrerbildung verankern. Schon während des Studiums sollen angehende Lehrer lernen, wie sie in Klassen mit Schülern unterschiedlicher Muttersprachen am besten arbeiten.

In einem gemeinsame Promotionskolleg aller Pädagogischen Hochschulen sollen beispielsweise geeignete Methoden für den Sprachunterricht und die Weiterbildung von Sprachlehrern entwickelt werden. Dafür stellt das Ministerium insgesamt 1,65 Millionen Euro für drei Jahre zur Verfügung.

Insgesamt 2,8 Millionen Euro fließen in den nächsten fünf Jahren an die Universitäten Konstanz und Mannheim sowie an die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, die ebenfalls neue Konzepte für den Unterricht sowie die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften entwickeln sollen. „Damit möchten wir die Lehrer in die Lage versetzen, dass sie künftig noch besser auf die sprachlichen Bedürfnisse der Flüchtlingskinder eingehen können“, sagte Bauer.