Gerade in der Flüchtlingskrise brauchen sich Italien und Deutschland als Partner. Bei einem Treffen betonen beide die gute Zusammenarbeit. Doch es gibt auch Konfliktpunkte.

Rom - Lange gab sich Matteo Renzi in der EU vor allem als Mahner, doch in der Flüchtlingskrise brauchen sich Italien und Deutschland nun als Partner. Bei einem Treffen mit Kanzlerin Merkel betonen beide die gute Zusammenarbeit ihrer Länder. Doch es gibt auch Konfliktpunkte.

 

Die Zeiten der Frontalangriffe auf Deutschland sind erst einmal vorbei. Beim gemeinsamen Mittagessen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Rom präsentiert sich Matteo Renzi stattdessen als strahlender Gastgeber und verlässlicher Partner. Die Begrüßung des italienischen Ministerpräsidenten ist herzlich, beide Regierungschefs betonen die gute Zusammenarbeit ihrer Länder und die gemeinsamen Interessen. Angesichts von Herausforderungen wir der Flüchtlingskrise in Europa scheint beiden klar zu sein: Es geht nur gemeinsam.

Bei strahlendem Sonnenschein empfängt Renzi seinen Gast am Donnerstag in Rom, anschließend wird bei italienischen Spezialitäten wie Ravioli, Seebarsch mit Spargel und Wein aus der Toskana über Probleme wie die Flüchtlingskrise und mögliche Grenzkontrollen am Brenner diskutiert. „Es gibt kein Deutschland gegen Italien, außer vielleicht im Fußball“, sagt Renzi später. Beide Länder profitierten davon, wenn es dem jeweils anderen gut gehe, und Berlin und Rom arbeiteten gut zusammen.

Unterschiedliche Ansichten bei Finanzierungsfrage

„Angela ist großer Fan von Bayern München, dort wird es kommendes Jahr einen italienischen Trainer geben, Carlo Ancelotti“, sagt Renzi schmunzelnd. „Es gibt keinen besseren Beweis für den Fakt, dass das italienische und das deutsche Schicksal verbunden sind und beide gemeinsam gewinnen und verlieren.“ Merkel erwidert: „Ich hoffe natürlich, dass der italienische Trainer sehr erfolgreich sein wird.“

Die im frühlingshaften Türkis gekleidete Kanzlerin lobt Renzi für dessen Vorschläge und Impulse in der Flüchtlingsfrage. „Wir sind uns in der Gesamtanstrengung vollkommen einig, auch wenn unterschiedliche Ansichten gibt, etwa in der Finanzierungsfrage“, sagt sie. Vor rund zwei Wochen hatte Renzi den EU-Spitzen in seinem Papier „Migration Compact“ Ideen für den Umgang mit der Flüchtlingskrise unterbreitet.

Dies würdigt Merkel nun ausdrücklich als „wichtigen Impuls“, auch wenn es etwa bei der Frage der Finanzierung noch keinen Konsens gebe. Italien hatte unter anderem gemeinsame Migrationsbonds der EU-Staaten zur Finanzierung ins Spiel gebracht - einen Vorschlag, den die Bundesregierung ablehnt. Denn auch das wurde deutlich, als am späten Nachmittag dunkle Regenwolken über Italiens Hauptstadt aufzogen: Bei allen Gemeinsamkeiten, in jeder Frage einig sind sich Renzi und Merkel deshalb noch lange nicht, es gibt durchaus Streitpunkte.

Entscheidende Tage in Rom

Für Renzi sind es entscheidende Tage in Rom: Wegen der Verleihung des Aachener Karlspreises an Papst Franziskus sind neben Merkel auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Parlamentspräsident Martin Schulz und Ratspräsident Donald Tusk zu Gast. Renzi nutzte die Chance, um Gespräche zu führen, Italiens Position klar zu machen und für seine Vorschläge zu werben.

Die Zeiten, in denen der 41-Jährige bei jeder Gelegenheit lautstark den Sparkurs in der EU und eine deutsche Vorherrschaft kritisierte, sind vorbei. Stattdessen schlägt er mittlerweile leisere Töne an, weil er Deutschland in der Flüchtlingskrise immer mehr als Verbündeten braucht. Renzi sieht sich inzwischen auf Augenhöhe und auch Merkel ist in der aktuellen Situation an einer guten Zusammenarbeit mit dem wichtigen Partner Italien gelegen.

Für Merkel stand in Rom nicht nur das Treffen mit Renzi an, sondern am Freitag auch eine Privataudienz bei Papst Franziskus. Es ist bereits das vierte Mal, dass sich die protestantische Kanzlerin und das katholische Kirchenoberhaupt treffen. Trotz aller Unterschiede schätzen sich beide sehr, zudem verbinden gemeinsame Interessen etwa in der Flüchtlingsfrage den Argentinier und die Kanzlerin.