Die CSU verzichtet vorerst auf eine Klage. Die neuen, friedvolleren Töne aus der Union zur Flüchtlingspolitik haben auch damit zu tun, dass nun auch die CDU auf längere Grenzkontrollen setzt.

Berlin - Erst ist Peter Tauber gefragt worden, ob denn nun ein „Asyl-Frieden“ eingekehrt sei in der Union. Als er das Wort nicht aufgreift, fragt ein Journalist beim CDU-Generalsekretär nach, ob denn dann von einer „Asyl-Waffenruhe“ die Rede sein könne. Auch diesen Begriff will sich Tauber nicht zu eigen machen, doch sei es „gut, dass allgemein anerkannt wird“, dass die Flüchtlingspolitik der CDU-Kanzlerin inklusive des EU-Türkei-Abkommens funktioniere. Ganz offiziell ist der Streit mit der CSU zwar noch nicht beigelegt, doch hat deren Chef Horst Seehofer am Montag zumindest erklärt, dass die von ihm erwogene Klage vor dem Bundesverfassungsgericht „vom Tisch sei“, wenn auch „nicht auf ewig“.

 

Um diese Wiederannäherung zustande zu bringen, ist in den vergangenen Tagen politisch einiges in Bewegung geraten. Schließlich hatte sich Seehofer erst kürzlich noch enttäuscht gezeigt über Angela Merkels Antwort auf den Brief, indem sich der bayerische Ministerpräsident, andernfalls mit dem Gang nach Karlsruhe drohend, für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik eingesetzt hatte. Nach einem Verzicht auf die Klage hatte sich das nicht angehört.

Verlängerung der Grenzkontrollen im Schengenraum

Auf der CDU-Seite wiederum fällt die veränderte Tonlage auf, mit der über die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze gesprochen wird. Vor nicht einmal vier Wochen hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière zum Ärger Seehofers ziemlich offensiv ein Auslaufen am 12. Mai in Aussicht gestellt – obwohl auf europäischer Ebene inzwischen die rechtlichen Voraussetzungen für eine abermalige Verlängerung bereits geschaffen sind. Nun jedoch hält das Innenministerium trotz weiter zurückgegangener Flüchtlingszahlen die Lage plötzlich für „nicht so eindeutig“. Schriftlich hat die Bundesregierung jetzt zusammen mit Frankreich, Österreich, Belgien, Dänemark und Schweden beantragt, offiziell ein fortbestehendes Systemproblem an den EU-Außengrenzen festzustellen, was eine erneute Verlängerung der Grenzkontrollen im eigentlich reisefreien Schengenraum ermöglichen würde. Die EU-Kommission spielt mit und wird an diesem Mittwoch einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

Klöckner lobt die „kluge Entscheidung“

Ein Zusammenhang drängt sich auf, auch wenn Tauber betont, dass nicht die CDU, sondern mehrere EU-Länder gehandelt hätten. Er gesteht allerdings zu, dass es „eine gemeinsame europäische Entscheidung ist, die sicherlich in München mit Zustimmung aufgenommen worden ist.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, wird da deutlicher. Er spricht gegenüber dieser Zeitung von einem „Sieg“ seiner Partei und einer „anderen Einstellung“, die die große Schwester inzwischen beim Thema Grenzkontrollen habe: „Es ist der Beitrag der CSU, dass sich Deutschland an die Spitze der Länder gesetzt hat, die die Grenzkontrollen beibehalten wollen.“

In der CDU-Spitze ist man vor allem daran interessiert, den fundamentalen Streit hinter sich zu lassen, sich auch wieder anderen Themen zuzuwenden und den politischen Gegner in Gestalt der AfD ins Visier zu nehmen, die bisher vom Streit profitiert hat. „Die Entscheidung, keine Klage zu erheben“, sagte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner dieser Zeitung, „ist für beide Seiten klug.“