Vor der Küste Istanbuls sind am Montag mindestens 24 Flüchtlinge ertrunken. Sechs der 43 Passagiere konnten bis zum Abend gerettet werden. Nach 13 Vermissten wird weiter gesucht, so die Küstenwache.

Istanbul - Vor der Küste der türkischen Metropole Istanbul sind am Montag mindestens 24 Flüchtlinge ertrunken, darunter mehrere Kinder. Ihr völlig überladenes Boot kenterte nach Behördenangaben wenige Kilometer nach dem Start nahe der Bosporus-Mündung zum Schwarzen Meer. Nur sechs der insgesamt 43 Passagiere konnten bis zum Abend gerettet werden. Nach 13 Vermissten wurde weiter gesucht, wie die Küstenwache mitteilte.

 

Nach Angaben von Rettern war das kleine Ausflugsboot für weniger als zehn Passagiere ausgelegt und damit vierfach überladen, als es in Richtung Rumänien aufbrach. Medienberichten zufolge waren unter den Passagieren zwölf Kinder und sieben Frauen. Die meisten Flüchtlinge stammten aus Afghanistan, einige waren demnach Syrer und Turkmenen.

Fernsehbilder zeigten die kleine Gruppe der Geretteten, die in Decken gehüllt einen völlig verzweifelten Eindruck machten. Sie waren mit den anderen Bootsflüchtlingen mutmaßlich im Istanbuler Stadtteil Bakirköy am Marmarameer ins Boot gestiegen und wollten über das Schwarze Meer nach Rumänien. Die Türkei ist ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge aus Afrika und Asien, die in die EU gelangen wollen.

Vermutlich Überladung Grund für Kentern

Türkische Medien führten das Kentern auf die Überladung und die raue See zurück. Offizielle Stellen bestätigten dies nicht. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete unter Berufung auf Beamte, im Bootsrumpf habe es Lecks gegeben. Die Behörden nahmen Ermittlungen auf.

Der Küstenwachenoffizier Ali Saruhan sagte im Nachrichtensender CNN-Türk, der starke Wind habe die Rettungsarbeiten erheblich erschwert. „Das Boot war sehr, sehr klein, vollkommen unzureichend für 40 Menschen.“ Ein anderer Zeuge, der Fischer Emre Can Kolcu, berichtete im türkischen Sender NTV, das Meer am Unglücksort sei „voller Taschen, Schuhe, Kleidungsstücke und Rettungswesten“ gewesen. Offenbar seien die Rettungswesten für die Kinder zu groß gewesen und ihnen im Wasser vom Körper gerutscht.

Viele EU-Staaten sehen sich bei Hilfe nicht in der Pflicht

NTV zufolge verlangten Schlepper von jedem Bootsinsassen 7000 Euro für die Überfahrt nach Rumänien. Von da aus wollten sie offenbar in andere EU-Länder weiterreisen. Seit 2011 hat der Bürgerkrieg in Syrien die Zahl der Flüchtlinge ansteigen lassen, die über die Türkei in die Europäische Union kommen wollen. Nach amtlichen türkischen Angaben waren es in den ersten acht Monaten dieses Jahres mehr als 17.000. 48 von ihnen ertranken nach offizieller Zählung, 2013 waren es 28.

Das neue Unglück kommt zu einer Zeit, in der in der EU abermals über die Flüchtlingspolitik debattiert wird. Italien hatte am Freitag seine Mission Mare Nostrum gestoppt, in deren Zuge Zehntausende aus dem Mittelmeer gerettet wurden. Bei der neuen EU-Mittelmeermission Triton geht es vorrangig darum, die EU-Seegrenzen zu sichern, weniger um die Rettung von Flüchtlingen. Viele EU-Staaten sehen sich nicht in der Pflicht. Die britische Regierung verweigerte in der vergangenen Woche eine Mitwirkung mit dem Argument, Hilfe führe zu noch mehr Toten, weil sie Migranten erst zu gewagten Überfahrten ermutige.