Der Anwohnerprotest gegen das geplante Flüchtlingsheim in Harthausen löst große Betroffenheit aus. Ein Gespräch mit dem Arbeitskreis Asyl und Vertretern von Kirche, Schule, Arbeiterwohlfahrt und dem Landkreis Esslingen über die Vorwürfe.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)
Filderstadt - Der Landkreis Esslingen will bis Jahresende zwischen 80 und 100 Flüchtlinge in einem neuen Asylbewerberheim am Rand von Harthausen unterbringen. Während direkte Nachbarn bereits Unterschriften gegen das Projekt sammeln, halten erfahrene Flüchtlingshelfer den Standort für geeignet – und sprechen von unbegründeten Ängsten.
Ihrem Unmut über das geplante Flüchtlingsheim haben Anwohner jüngst lautstark Luft gemacht. Hat der Protest die in der Flüchtlingsarbeit engagierten Helfer überrascht?
Sonja Sambeth-Weber Ich denke, dass es anfangs immer Befürchtungen weckt, wenn sich die Leute an den Gedanken gewöhnen müssen, dass direkt neben ihnen so eine Einrichtung entstehen soll. Aber wenn man sich auf die neuen Nachbarn einlassen kann, relativiert sich das auch schnell und es kann ein tolles Miteinander entstehen, wie wir das hier in Sielmingen beispielsweise mit dem Dietrich-Bonhoeffer- Gymnasium erleben.
Peter Keck Es ist an allen Standorten eigentlich gleich: Wenn wir kommen und sagen, dass wir eine Gemeinschaftsunterkunft eröffnen wollen, dann hat die Be-völkerung, haben die Nachbarn, zunächst mal Ängste und Vorbehalte. Deswegen gehen wir bewusst früh in Informationsveranstaltungen und stehen für die Fragen der Bürger zur Verfügung.
Sie hoffen, dass die kritischen Stimmen nach dem 11. Mai verstummen?
Keck Oftmals lassen sich bei diesen Versammlungen die Befürchtungen zum großen Teil ausräumen. Aber in der Regel ist es so: Wenn die Flüchtlinge mal tatsächlich kommen und aus dem abstrakten Asylbewerber ein Mensch wird, der unheimlich viel erlebt hat, der seine Heimat wegen Krieg und Verfolgung verlassen musste und auf unsäglichen Wegen zu uns gekommen ist, wenn so ein Mensch dann konkret da ist, wachsen sehr viele Sympathien.
Herr Weinmann, wie sieht der Arbeitskreis Asyl die Vorwürfe aus Harthausen?
Weinmann Zunächst mal glaube ich nicht, dass man da von ganz Harthausen sprechen kann. Mir haben inzwischen auch einige Bürger im persönlichen Gespräch versichert, dass ihnen die Flüchtlinge in Harthausen willkommen sind. Für einige klingt es sicher erst mal bedrohlich, wenn sie hören, dass in unmittelbarer Nachbarschaft 80 bis 100 Flüchtlinge wohnen sollen. Aber man muss ja in Harthausen auch sehen, was da in der Vergangenheit gelaufen ist, dass da ja schon mal ein Aufstand war, gegen die Baupläne für ein Altenheim. Was mich eigentlich überrascht hat, sind die Argumente, die da vorgebracht werden, weil sie eigentlich nicht stichhaltig sind und sich teilweise auch widersprechen.
Können Sie das konkreter fassen?
Weinmann Wenn es heißt, dass sich minderjährige Schüler nicht mehr in die Fahrschule trauen würden, weiß ich nicht, ob das eine echte Sorge ist – oder nur ein vorgeschobener Grund, weil man die Flüchtlingsunterkunft nun mal verhindern will...
Keck Ich will die Bedenken schon ernst nehmen, ich glaube, dass sich die Leute da Sorgen machen. Aber neben Sielmingen gibt es im Kreis ja noch weitere Beispiele, wo sich eine Asylbewerberunterkunft in unmittelbarer Nähe zu einer Schule befindet – wie in Nürtingen, wo ein Containerdorf direkt auf dem Schulparkplatz steht oder auch im Esslinger Stadtteil Zell, wo die zur Unterbringung genutzte Sporthalle ja auch direkt an der Schule liegt. Und in beiden Einrichtungen läuft das Zusammenleben eigentlich hervorragend! Wenn das da funktioniert, dann ist eine Fahrschule mit Sicherheit noch viel unproblematischer.