Vermutlich noch vor Weihnachten werden 50 bis 70 Flüchtlinge in der Schulturnhalle in Steinenbronn Quartier beziehen. Das hat der Landkreis bei einer Bürgerversammlung bekannt gegeben.

Steinenbronn - Vermutlich noch vor Weihnachten werden 50 bis 70 Flüchtlinge in der Schulturnhalle in Steinenbronn Quartier beziehen. Das wurde bei der Bürgerversammlung am Donnerstag von Vertretern des Landratsamtes verkündet. „Die genaue Zahl hängt unter anderem vom Brandschutz ab“, sagte Rudi Sendersky, der beim Landratsamt Böblingen für die Gebäudewirtschaft zuständig ist.

 

Am Freitag wollte Sendersky zwei Leichtbauhallen bestellen, die bis zum 15. Januar in der Nachbarschaft der Bäckerei Treiber an der Gottlieb Daimler-Straße errichtet werden sollen. Darin gebe es Platz für jeweils 60 Menschen. „Die Gebäude bleiben mindestens fünf Jahre stehen; sie kosten ihr Geld“, sagte er. Dass die Schulsporthalle den Kindern gleich nach den Weihnachtsferien wieder zur Verfügung steht, konnte Sendersky nicht versprechen. „Ich kann auch nicht dauerhaft zusagen, dass die Sandäckerhalle außen vor bleibt.“

Bürgermeister verärgert über das Landratsamt

Zuvor hatte Johann Singer minutiös die jüngste Entwicklung Revue passieren lassen. „Am 9. November haben wir per Mail vom Landratsamt von der Notunterbringung Kenntnis erhalten“, sagte der Bürgermeister. Das Landratsamt sah sich gezwungen, Hallen zu belegen. „Zehn Tage später haben wir die Bürger im Amtsblatt informiert, dass die Hallen im Gespräch sind und 70 Flüchtlinge kommen“, sagte Singer, der sich „saumäßig“ darüber geärgert habe, dass die Presse vor dem Steinenbronner Rathaus vom Landratsamt in Kenntnis gesetzt wurde und berichtet habe. Bei einem Gespräch am 13. November mit dem Landratsamt habe er sich dagegen verwahrt, dass die Hallen genutzt werden. Singer: „Auf der Klausurtagung des Gemeinderats Mitte November wurden vier alternative Standorte festgelegt.“ Noch am Tag der Bürgerversammlung habe er „um 14.25 Uhr“ bei der Behörde wegen des aktuellen Sachstands angerufen, aber keinen Ansprechpartner bekommen.

In einem sachlichen Vortrag schilderte Jochen Hirneise die Notlage des Landkreises. „Wir müssen innerhalb dieses Jahres 4000 Personen aufnehmen“, sagte der Bereichsleiter Asylwesen beim Landratsamt Böblingen. Bislang hätte man diese Quote gerade zu 55 Prozent erfüllt. „Wenn wir uns weigern, gibt es Zwangszuweisungen.“ Hirneise sprach angesichts der Nichtumsetzung des Schengen- und des Dublin-Abkommens von einer „Schieflage“, die man jedoch nicht zurückdrehen könne. Die Steinbronner versuchte er zu beruhigen: „In 14 Jahren beim Landkreis habe ich noch nie erlebt, dass eine Frau belästigt oder gar vergewaltigt worden ist.“

Rund-um-die-Uhr-Betreuung zugesichert

Aber Ängste gab und gibt es. „Integration funktioniert durch Sport“, sagt eine Frau. Deshalb sei die Schließung von Sporthallen falsch. Eine andere Bürgerin kritisierte, dass die Sporttreibenden ignoriert würden. Angst besteht, wenn Kinder auf dem Schulhof auf Flüchtlinge treffen. Gefragt wurde zudem, wie die Entwicklung weitergehe. Dazu könne niemand gesicherte Auskünfte geben, sagte Hirneise, der von 7000 bis 10 000 Flüchtlingen ausgeht, die im kommenden Jahr im Landkreis eine zumindest vorläufige Bleibe finden müssen. Er sicherte eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung für die Halle zu und warb darum, private Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Manfred Kosbi vom Arbeitskreis Asyl warb bei der Bevölkerung um Unterstützung. „Wir haben zurzeit rund 40 Mitarbeiter und brauchen dringend noch weitere Kräfte.“

Öffentliche Sitzung
Zum ersten Mal diskutiert der Gemeinderat am kommenden Dienstag, 1. Dezember, öffentlich über das Thema Flüchtlingsunterbringung. Die Sitzung beginnt um 19 Uhr im großen Sitzungssaal im Rathaus.