Je mehr Asylbewerber kommen, desto mehr verdient die ORS. Das Unternehmen ist auf Expansionskurs und betreibt jetzt im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald sechs Flüchtlingsheime.

Im vergangenen Jahr registrierte das Innenministerium mehr als eine Millionen Flüchtlinge in Deutschland. Angesichts der hohen Zahl von Asylbewerbern stießen staatliche Behörden bei deren Unterbringung bald an ihre Grenzen. Statt selbst die notwendigen Betreuungsstrukturen aufzubauen, wurden und werden immer häufiger private Servicedienstleiter zur Hilfe geholt, die flexibler und kostengünstiger sind.

 

Die von Stefan Moll-Thissen geführte ORS Service AG mit Sitz in Zürich ist in Deutschland neben European Home Care in Essen zu einem der bedeutendsten Unternehmen in diesem Bereich avanciert. Ihre Arbeit nahm sie 1992 auf, als zu dieser Zeit zahlreiche Kurden, Bosnier und Albaner vor dem Krieg in die Schweiz flohen und die Flüchtlingszahlen in die Höhe schossen. Später weitete das Unternehmen den Tätigkeitsbereich nach Österreich aus und ist heute inzwischen in Deutschland und neuerdings auch in der Slowakei tätig.

Während die ORS noch im Sommer 2015 in Deutschland drei Unterkünfte in München, Ingolstadt und Eschbach betreute, sind Anfang 2016 schon fünf weitere Heime im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald dazugekommen. Das ist nicht selbstverständlich gewesen, denn durch erhebliche Missstände in der Unterkunft in Traiskirchen/Österreich war die ORS im vorigen Sommer in die Schlagzeilen geraten.

Insgesamt versorgt die ORS in dem Kreis rund 1100 Flüchtlinge, die auf die Standorte in Bad Krozingen, Breisach, Eschbach, Gundelfingen, Müllheim und Staufen verteilt sind. Die Aufträge für die Betreuung der Flüchtlingsheime wurden nach Angaben des Landratsamtes freihändig vergeben. Die ORS machte das beste Angebot, und erhielt den Zuschlag, „weil so bei der Unterkunftseröffnung schnell ein Mitarbeiterbestand zur Verfügung stand, den wir so schnell gar nicht hätten rekrutieren können“, so ein Pressesprecher.

Für jede Unterkunft erhält die ORS Gelder vom Staat. Das Unternehmen ist eine Aktiengesellschaft. Die ORS bildet zusammen mit der Schwesterfirma OSP die OX Holding, die wiederum mehrheitlich Fonds der Beteiligungsgesellschaft Equistone gehört. In Equistone-Fonds ist eine Vielzahl institutioneller Anleger investiert. Zuvor war bereits ein anderer Finanzinvestor an ORS beteiligt: die Private-Equity-Firma Invision. Der überwiegende Teil der restlichen Anteile gehört Moll-Thissens Aussagen zufolge seinem Vorgänger Eric Jaun, der 15 Jahre lang an der Spitze von ORS saß. Moll-Thissen selbst ist aber auch beteiligt. Der Schweizer ist nicht nur Chef und Miteigentümer von ORS, sondern hat auch einen der beiden Verwaltungsratssitze der OX Holding inne. Er zieht also über das Gehalt hinaus einen direkten finanziellen Nutzen aus dem Erfolg der ORS.

Geschäftsberichte veröffentlicht das Unternehmen nicht; deshalb ist nichts über die finanzielle Verfassung und die Rentabilität bekannt. Lediglich der Umsatz aus dem Jahr 2014 wird genannt: in der Schweiz wurden 65 Millionen Franken, in Österreich 24 Millionen Euro und in Deutschland zwei bis vier Millionen Euro erwirtschaftet – insgesamt um die hundert Millionen Euro. Moll-Thissen schätzt, dass der Umsatz im Jahre 2015 in Deutschland auf vier bis fünf Millionen Euro gestiegen ist. Vor allem in Österreich rechnet der 45-Jährige mit deutlich höheren Einnahmen. Das ist nicht verwunderlich: Mit den steigenden Flüchtlingszahlen floriert auch das Geschäft von ORS fast zwangsläufig.