Auch die Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer ist als Retterin des Vereinsheim der SG Weilimdorf gescheitert. Finanzbürgermeister Michael Föll sieht darin vor allem ein marodes Gebäude. Die Stadt plant dort jetzt eine Flüchtlingsunterkunft.

Stuttgart - Eigentlich besteht im Gemeinderat Einigkeit darüber, den nach Baden-Württemberg und damit auch in die Landeshauptstadt strömenden Flüchtlingen so viel Hilfe wie möglich angedeihen zu lassen. Eigentlich. Denn wenn es konkret wird, sprich wenn neue Standorte für Flüchtlingswohnheime ausgewiesen werden sollen, dann werden mitunter seltsame Argumente bemüht.

 

Das betrifft etwa Nachbarn, die mit anwaltlicher Hilfe Druck auf die Stadträte ausüben, um Baugenehmigungen in letzter Minute zu verhindern. Aber auch Stadträte und sogar Bürgermeister versteigen sich manchmal zu Begrifflichkeiten, die der Situation nicht angemessen sind. So sprach etwa der FDP-Fraktionschef Bernd Klingler bei der Debatte über den Bau eines Flüchtlingswohnheims an der Solitudestraße im Stadtbezirk Weilimdorf davon, dass man mit dem geplanten Abriss des dortigen Vereinsheims der SG Weilimdorf dem Stadtbezirk quasi das Herz aus dem Leib reiße. Diese Formulierung ließ den OB-Vize Michael Föll (CDU) schon im Wirtschaftsausschuss nicht ruhen. Das Herz Weilimdorfs schlage woanders, aber gewiss nicht in dem in die Jahre gekommenen Vereinsheim, ließ Föll das SG-Mitglied Klingler wissen.

Kämmerer hält SG-Vereinsheim nicht für erhaltenswert

Ungeachtet dessen legte Klinglers Parteifreundin, die eigentlich für Flüchtlingspolitik zuständige Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer, am Montag im Sozialausschuss noch einmal nach. In einer als „Privatmeinung“ gekennzeichneten Äußerung nannte sie die Vereinsgaststätte „stadtbildprägend“ – ein Begriff, den Föll am Dienstag im Technischen Ausschuss ebenfalls nicht gelten lassen wollte. „Wir sprechen von einem maroden Gebäude, das weder stadtbildprägend noch erhaltenswert ist“, entgegnete der Kämmerer auf erneute Einlassungen von FDP-Stadtrat Matthias Oechsner, der sich namens der Liberalen einmal mehr für den Erhalt der Gaststätte verkämpfen wollte.

Tatsächlich hofft der Stadtbezirk schon seit Jahren auf ein Bürgerzentrum. Föll machte freilich unmissverständlich deutlich, dass das SG-Vereinsheim dafür nicht geeignet sei. Eine Sanierung des Baus würde zudem rund zwei Millionen Euro kosten. Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold sprang Föll bei. Zwar müsse man auch Verständnis für die Belange der Bevölkerung im Stadtbezirk aufbringen. Aber angesichts der Dramatik, die sich in anderen Teilen der Welt abspiele, „muss man eigene Bedürfnisse eben auch einmal zurückstellen“, so der Grüne. Pätzold erinnerte daran, dass in Weilimdorf zwei andere sogenannte Gemeinbedarfsflächen in Planung seien.

Baubeginn für Flüchtlingsunterkunft in Feuerbach

Die anderen Fraktionen sahen ebenfalls keinen Änderungsbedarf mehr – auch die Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus nicht, deren Vertreter sich allerdings, wie Gangolf Stocker einräumte, nicht ganz einig waren. Letztlich stimmte auch die FDP dem Bau und der Anmietung von Gebäuden zur Unterbringung von insgesamt mehr als 4000 Flüchtlinge bis Ende 2015 zu.

Die Stadt hat zudem angekündigt, noch diese Woche mit dem Bau einer Unterkunft für 78 Flüchtlinge in Feuerbach zu beginnen. Im Bezirk haben Anwohner gegen die Unterkunft protestiert, mehr als 30 Einwendungen waren bei der Stadt eingegangen. Das Regierungspräsidium hat wie berichtet inzwischen die Baugenehmigung für den Systembau erteilt. Die Eröffnung ist für April 2015 geplant.