Der Bau von Unterkünften für Flüchtlinge in der Plattenwaldallee in Backnang steht vor den Aus. Die Paulinenpflege, der das Grundstück gehört, fordert aus Sicht der Stadt einen viel zu hohen Kaufpreis.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Die Unterbringung von Flüchtlingen beim Plattenwald in Backnang steht auf der Kippe. Das hat der Oberbürgermeister Frank Nopper jetzt im Gemeinderat erklärt. Eigentlich war geplant gewesen, das zurzeit leer stehende Wohnheim in der Plattenwaldallee 74 von der Paulinenpflege Winnenden zu erwerben, dieses abzureißen und dann in Kooperation mit der Kreisbau zwei neue Häuser für die Unterbringung von knapp 100 Personen zu errichten.

 

Nun will die Paulinenpflege für die Immobilie und den Bauplatz offenbar deutlich mehr Geld als die Stadt zu zahlen bereit ist. Nach Informationen dieser Zeitung fordert die diakonische Einrichtung rund 600 000 Euro für das alte Wohnheim und das Grundstück am Stadtrand in Richtung Oppenweiler. Diese Summe sei „annähernd doppelt so hoch wie der Verkehrswert des Grundstücks mit zwei Baufenstern“, sagte ein verärgerter Nopper. Das Grundstück sei derzeit – mit lediglich einem Baufenster – vermutlich sogar noch weniger wert.

OB Nopper bringt Anmietung des Gebäudes ins Spiel

Der Oberbürgermeister hat jetzt eine Anmietung und einen Umbau des alten Gebäudes ins Spiel gebracht, in den dann indes lediglich knapp 50 Personen unterkommen könnten. Diese Option bevorzugen viele Anwohner, die sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben. Bis dato hat die Stadt die Unterbringung im alten Heim abgelehnt, auch aus Kostengründen. Selbst der Vorschlag, zwei neuen Gebäude zu bauen war nicht der ursprüngliche Plan der Kommune, die in den nächsten Jahren mehrere hundert Flüchtlinge aufnehmen muss. Zunächst hatte die Stadt Backnang sogar vier Gebäude für knapp 200 Personen auf dem Grundstück favorisiert. Dagegen waren die Anwohner Sturm gelaufen (wir berichteten).

Der Pressesprecher der Paulinenpflege Winnenden, Marco Kelch, hat auf Anfrage erklärt, dass die Einrichtung der Behindertenhilfe für das Grundstücke einen Preis erwarte, der auf vier möglichen Baufenstern basiere. Ein Gutachter habe bestätigt, dass vier Fenster möglich sind. Die Stadt wolle nur zwei Baufenster nutzen, „weil sie das aus politischen Gründen so wünscht“. Deshalb komme die Kommune auf den geringeren Preis, der für die Paulinenpflege wirtschaftlich aber nicht vertretbar sei.

Nopper hat im Gemeinderat gesagt, dass der kürzlich in den Ruhestand verabschiedete Hauptgeschäftsführer der Paulinenpflege, Thomas Weinmann, erklärt habe, „man werde eine akzeptable Lösung auch mit zwei Baufenstern finden“.

Paulinenpflege: Vermietung kommt nicht infrage

Laut Kelch ist es für die Paulinenpflege günstiger, das Haus Plattenwald selbst zu nutzen, um Bewohner vorübergehend einzuquartieren, deren Wohnungen umgebaut werden müssen. „Aus diesem Grund kommt im Moment auch keine Vermietung des vorhandenen Gebäudes infrage.“ Viele Anwohner in der Plattenwaldalle dürften mit der Entwicklung ganz zufrieden sein. Die Stadt indes hat nun ein mächtiges Problem. Nopper fordert den Bürgerverein Backnang-Plattenwald auf, „sein Angebot zur aktiven Mithilfe bei der Unterbringung von Geflüchteten in Privatwohnungen des Quartiers Plattenwald nun auch tatsächlich umzusetzen".

Am Tag nach der Gemeinderatssitzung erklärte der Oberbürgermeister auf Anfrage, dass er zwar zuversichtlich sei, eine Lösung zu finden, „das wird aber sehr schwer“. Die Anschlussunterbringung von Geflüchteten sei bis zum Ende des ersten Quartals 2018 gesichert. Die Verwaltung werde sehr bald neue Ideen präsentieren.