Teilweise werden die neuen Flüchtlingsunterkünfte auf Flächen eingerichtet, die eigentlich bebaut werden sollten. Bürgermeister Föll sagt, dass es trotzdem beim Ziel der Stadt bleibe, dass die Flüchtlingsunterbringung „größeren Wohnbauvorhaben nicht im Wege stehen soll.“

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - In Degerloch muss der Bau einer seit zwei Jahrzehnten diskutierten Sporthalle verschoben werden, am Killesberg die Errichtung eines neuen Wohnquartiers: Die jüngste Liste von geplanten Flüchtlingswohnheimen hat Folgen für die Stadtbezirke. Dort reagiert man erstaunlich entspannt auf die Neuigkeit – und hofft darauf, dass die Stadt die Projekte mit etwas Zeitverzug wie geplant umsetzt.

 

„Die Frage ist, von welcher Dauer die Interimslösung sein wird“, sagt Renatus Dierberger, der Sprecher der IG Waldau, in der Sportvereine des Gebiets in Degerloch vertreten sind. Er sei ohnehin nicht davon ausgegangen, dass das Geld– Kostenrahmen: 9,2 Millionen Euro – schon im kommenden Doppelhaushalt bereitgestellt werde, sagt der Ingenieur. Für Dierberger ist entscheidend, dass die Planungsmittel eingestellt werden. Das sei im Etatentwurf aber nicht der Fall, merkt er kritisch an. Und dann hätte er gerne von der Stadt die Zusage, dass die Sporthalle am Georgiiweg in der folgenden Haushaltsperiode 2018/2019 wirklich realisiert wird. Immerhin habe sich die Stadt an dem Standort für Container entschieden, was darauf hindeute, dass diese nur wenige Jahre dort stehen sollen. Doch Renatus Dierberger ist skeptisch: „Zwei Jahre wären okay – aber wenn so was steht, steht’s meistens länger.“

Ähnlich ist die Haltung von Kai Buschmann, dem Leiter der Waldschule, die in der Nachbarschaft des Geländes liegt. „Natürlich bin ich traurig, dass die Halle erst einmal nicht kommt, darauf haben wir sechs Jahre gewartet“, sagt er. Man sei davon ausgegangen, dass der Rat im Dezember den Baubeschluss fällt. Aber nach seinen Informationen solle die Halle dann eben 2018 gebaut werden. „Das wäre eine Verzögerung von einem Jahr“, sagt der Schulleiter, damit könne er leben.

Gelassenheit im Stuttgarter Norden

Auch das Containerdorf bei der Schule beunruhigt Kai Buschmann nicht. „Wir werden die Situation annehmen“, sagt er. Man habe an der Schule einen Arbeitskreis Flüchtlinge, die Schüler wollten sich engagieren. „Wir können Betreuung, Sport und Deutschkurse organisieren“, erklärt der Pädagoge. „Wir wollen eine gute Nachbarschaft und dass die Integration gelingt.“

Auch im Stuttgarter Norden, wo an der Roten Wand am Killesberg eine Containersiedlung für 294 Flüchtlinge entstehen soll, ist die erste Reaktion unaufgeregt. Die Bezirksvorsteherin Sabine Mezger geht davon aus, dass das an der Stelle geplante Bauprojekt mit 118 Wohnungen trotz der aktuellen Pläne „nicht verschoben wird“. Mit einem Baubeginn vor 2017 sei nicht zu rechnen gewesen. Die Stadt habe auf Systembauten, die länger stehen, verzichtet und sich an dieser Stelle für Container entschieden, sagt Mezger. Wobei sie einräumt, dass die Zeitpläne sehr davon abhängen werden, „wie sich die Flüchtlingssituation entwickelt.“

Föll: Potenziale sind limitiert

Es ist nicht der erste Fall, dass auf einem für Wohnbebauung vorgesehenen Gelände Flüchtlingsunterkünfte errichtet und Projekte verschoben werden, so an der Helene-Pfleiderer-Straße in Degerloch. Es bleibe aber das Ziel der Stadt, dass die Flüchtlingsunterbringung „größeren Wohnbauvorhaben nicht im Wege stehen soll“, sagt Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU). Andernfalls werde man die 1800 neuen Wohneinheiten, die man pro Jahr erreichen wolle, keinesfalls schaffen. So wurde etwa das alte Olgäle im Westen, wo Wohnungen geplant sind, nur vorübergehend als Unterkunft genutzt.

Langfristig, fürchtet Föll, werde die Landeshauptstadt den nun noch weiter wachsenden Bedarf an Wohnraum nicht bereitstellen können. „Wir aktivieren alle Potenziale – aber die sind limitiert.“ Deshalb wünscht sich der Wirtschaftsbürgermeister, dass der Regionalverband das Thema Wohnungsbauschwerpunkte in der Region „im Lichte der neuen Entwicklung“ nochmals auf die Tagesordnung setzt.