Während in Karlsruhe und Sinsheim Messehallen zu Flüchtlingsquartieren umfunktioniert wurden, werden entsprechende Pläne für die Landesmesse in Stuttgart nicht weiter verfolgt.

Stuttgart - Land und Stadt geraten aufgrund der rasanten Zunahme der Flüchtlingszahlen immer mehr unter Druck, zusätzliche Raumkapazitäten zur Verfügung zu stellen. Auch größere Hallen und Gebäude müssen mittlerweile als Notunterkünfte herhalten. So wurden inzwischen etwa in Karlsruhe und Sinsheim Messehallen für hunderte von Flüchtlingen requiriert. Die Landesmesse Stuttgart soll dagegen offenbar nicht als Unterkunft herangezogen werden – obwohl es nach Informationen der Stuttgarter Zeitung entsprechende Pläne gab.

 

So soll die von der Landesregierung eingerichtete sogenannte Task Force für Flüchtlinge unter Leitung des Chefs der Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski (Grüne), noch vor der Bekanntgabe der neuesten Flüchtlingszahlen – die StZ berichtete – erwogen haben, auf dem Messegelände eine weitere Landeserstaufnahmestelle (Lea) einzurichten.

Ein Sprecher der Messe bestätigte auf Anfrage lediglich, es habe Gespräche zwischen dem Unternehmen und Vertretern der Landesregierung über eine vorübergehende Unterbringung von Asylsuchenden in der Halle 9 am Westeingang der Messe gegeben. Das Zeitfenster von dreieinhalb Wochen, in dem die Halle nicht durch Ausstellungen belegt gewesen wäre, erschien den Verantwortlichen aber zu knapp. Zudem seien in dieser Zeit auf dem Messeareal parallel andere Veranstaltungen wie etwa Firmenfestivitäten vorgesehen gewesen. Angesichts des vollen Messekalenders für dieses und nächstes Jahr halte er es nicht für wahrscheinlich, dass die Messe doch noch als Flüchtlingsquartier in Beschlag genommen werden könne, so der Sprecher weiter.

SÖS-Linke befürworten Erstaufnahmestelle in Vaihingen

Unterdessen hat sich die SÖS-Linke-Plus im Stuttgarter Gemeinderat überraschend für eine Lea auf dem Gelände des Eiermann-Campus in Vaihingen ausgesprochen. Das Areal befindet sich allerdings nicht im Besitz der Stadt beziehungsweise des Landes. Es gehört zur Insolvenzmasse der in Konkurs gegangenen Firma CB Richard Ellis, Hauptgläubiger ist die Hamburger Bank DG Hyp. Die Fraktionsgemeinschaft kann sich notfalls sogar eine Beschlagnahmung des Areals vorstellen. Vor wenigen Wochen hatte die SÖS-Linke-Plus noch argumentiert, es gebe genügend Baulücken in der Stadt, die für die Errichtung dezentraler Flüchtlingsunterkünfte in Frage kämen. Nun heißt es, das Gelände stelle allein aufgrund seiner Größe „eine umfassende Lösung dar“. Die Stadt könnte mit der Einrichtung einer LEA in Vaihingen einen wesentlichen Beitrag zur Unterstützung der Pläne der Landesregierung leisten. Die Fraktionsgemeinschaft drängt zudem darauf, parallel Planungen für ein Kreativ- und Gründerzentrum auf dem Eiermann-Campus voranzutreiben.

Skurril mutet eine weitere Idee aus den Reihen des Gemeinderats an: Die Freien Wähler beantragen, in Absprache mit den Volksfestwirten, die Zelte auf dem Cannstatter Wasen stehen zu lassen und als Herbergen für Asylbewerber zu nutzen. Angesichts der neuesten Prognosen über den Zustrom von Flüchtlingen müsse man für alle Fälle gewappnet sein, begründet die Fraktion ihren Vorstoß. Eine entsprechende Infrastruktur auf dem Wasen sei vorhanden und könne notfalls durch Sanitärcontainer und andere Zusatzelemente ergänzt werden. Auch in der notwendigen Beheizung der Festzelte sehen die Freien Wähler kein Problem.

Nun wollen sie von der Rathausspitze wissen, ob es notwendig werden wird, provisorische Unterbringungskapazitäten für das Winterhalbjahr vorzuhalten. Festwirt Hans-Peter Grandl soll sich, so heißt es im Begleittext zu dem Antrag, im Gespräch mit dem Fraktionschef Jürgen Zeeb jedenfalls nicht ablehnend geäußert haben.