Anwohner in Remshalden-Hebsack wollen den Bau einer Anschlussunterbringung für Flüchtlinge verhindern. Die Verwaltung der Kommune hat im Gemeinderat Vorwürfe der Bürger mit Fakten widerlegt. Einige Anwohner gehen juristisch gegen das Projekt vor.

Remshalden - Der vielleicht wichtigste Satz der Sitzung fiel am Schluss: „Ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie die richtigen Fakten auf den Tisch gelegt haben, damit nicht über den Umweg Hochwasser Stimmung gegen das Flüchtlingsheim gemacht wird“, sagte der CDU-Gemeinderat Wolfgang Läpple. Davor hatte sich die Verwaltung Punkt um Punkt einen Flyer vorgenommen, in dem die „Freien Bürger Remshalden“ darlegen, warum der Bau einer Anschlussunterbringung für Flüchtlinge in Hebsack gestoppt werden sollte – mit diesem Schreiben laden die Freien Bürger zu einer Infoveranstaltung am 1. Juni um 19.30 Uhr in das örtliche Hotel Lamm ein.

 

Die Baugenehmigung für die zwei Häuser an der Wilhelm-Enßle-Straße ist im November erteilt worden, Bauherrin ist die Kreisbaugesellschaft. Anwohner haben daraufhin im Dezember einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht, um den Bau zu verhindern. Laut der Pressesprecherin und Verwaltungsrichterin Ulrike Zeitler wird eine Entscheidung im Juli erwartet. Die Anträge bezögen sich vor allem auf drei Punkte: eine Gefährdung des Hochwasserschutzes, die mangelnden Ausgleichsmaßnahmen und die Privilegierung von Flüchtlingsheimen, die auch dort gebaut werden dürften, wo sonst keine Bebauung zulässig sei.

Keine größere Gefahr für Hochwasser

Tatsächlich liegt das Grundstück zum Teil in einem Gebiet, das laut Hochwassergefahrenkarte bei einem hundertjährlichen Hochwasser (HQ100) betroffen wäre. „Deswegen sind die Hürden für eine Ausnahmegenehmigung sehr hoch“, sagte Remshaldens Bürgermeister Stefan Breiter in der Sitzung des Gemeinderates. Allerdings wird in unmittelbarer Nähe eine Mulde gegraben, um Retentionsraum und einen Ausgleich zu schaffen – durch den Bau selbst werde die Gefahr bei Hochwasser also für die Anlieger nicht größer. Zudem stellte Dieter Schienmann, der Bauamtsleiter, klar, dass die in dem Flyer veröffentlichte Zahl von 240, 50 Meter über Meereshöhe, auf die der Pegel bei einem HQ100 angeblich steigen würde, nicht stimme: „Diese mag eventuell für ein extremes Hochwasser oder für einen anderen Abschnitt im Remstal zutreffen.“ Richtig sei, dass bei einem HQ100 von einer Pegelhöhe auf 239,90 Meter über Null ausgegangen werde. Und damit liege diese auch nicht wie in dem Flyer geschrieben bei 69 Zentimeter über dem Niveau der Wilhelm-Enßle-Straße, sondern drei Zentimeter darunter.

Zusätzliche Kapazitäten werden dringend gebraucht

Auch andere Vorwürfe wurden entkräftet. So wolle man mitnichten die Flüchtlingskrise dazu nutzen, um gemeindeeigenes Land in Bauland zu verwandeln. Zum einen sei das Grundstück schon im Flächennutzungsplan 2020 als Wohnbaufläche enthalten. „Zudem hat der Gesetzgeber in dieser Sondersituation die Möglichkeit eröffnet, auch im Außenbereich zu bauen“, sagte Dieter Schienmann. Leerstände in anderen Unterkünften in Remshalden seien nicht zu erwarten, vielmehr gebe es auch mit dem neuen Heim zu wenig Plätze: „Das Thema ist nicht beendet“, sagte der Kämmerer Holger Mayer. Die Gemeinde halte auch bewusst ein bis zwei Wohnungen für Obdachlose frei: „Da haben wir eine Aufnahmepflicht.“ Dass die Gemeinde angebotene Wohnungen abgelehnt habe, stimme nicht – von den fünf Angeboten seien einige zurückgezogen worden, andere Eigentümer hätten überzogene Mieten verlangt. Auch habe man nicht vorgehabt, die anderen Heime zu vernachlässigen, die Grundstücke zu verkaufen und damit den Bau der neuen Anschlussunterbringen zu finanzieren. „Wir haben mehr als 164 000 Euro in die bestehenden Unterkünfte investiert“, sagte Mayer.