Ein Drahtzaun an der Flüchtlingsunterkunft in Hausen sorgt für allerlei Verwirrung und beschäftigt auch den Bezirksbeirat von Stuttgart-Weilimdorf.

Weilimdorf - Haben die noch alle Tassen im Schrank? Eidechsen! Wahrscheinlich finden sie demnächst auch noch einen Juchtenkäfer! Ganz so direkt hat das in der vergangenen Sitzung des Bezirksbeirates niemand gesagt. Gedacht aber dürfte es mancher haben. Jedenfalls legen das Halbsätze, Gelächter und einschlägige Stichworte nahe. Und Michael Schrade (FWG) gab zu Protokoll: „Artenschutz hat seine Berechtigung, man kann es damit aber auch übertreiben.“

 

Schrade hatte den Stein auch ins Rollen gebracht. Ihm war aufgefallen, dass der nach der Kanalverlegung erneuerte Feldweg in der Steinröhre an der Flüchtlingsuterkunft endet: an einem Maschendrahtzaun, der den Durchgang zum Gelände versperrt. Sein Unverständnis über den Zaun hatte er dem Bezirksamt kundgetan, Bezirksvorsteherin Ulrike Zich hatte beim Amt für Liegenschaften und Wohnen nachgefragt und von dort die Antwort erhalten, die sie in der Sitzung so wiedergab: „Der Weg endet an der Stelle, weil dort Eidechsen gesichtet wurden.“ Nun bearbeite das Amt für Umweltschutz das Thema „und dann kann man den Zaun vielleicht aufmachen“.

Besonders bedrohte Tierart

Für Renate Kübler vom Amt für Umweltschutz ist das Thema Zauneidechsen am Standort nicht neu: „Wir haben das schon bei der Standortsuche für die Unterkünfte geprüft. Das Ergebnis war, dass die Hecken und Säume um den einstigen Sportplatz ein ideales Naturhabitat für die Echsen sind. Deshalb mussten die Unterkünfte ja auch ohne Eingriffe in diese Strukturen gebaut werden.“ Im Übrigen sei die Zauneidechse ein nach EU-Recht streng geschützte, da in Deutschland besonders bedrohte Tierart. Vergleichbar mit dem Rotmilan und dem Juchtenkäfer. Sie macht klar: „Da gibt es keinen Spielraum. Strenger Artenschutz ist strenger Artenschutz.“

Neu aufgekommen ist das Thema jetzt auch nur im Zuge einer Anfrage: „Der Verein KuKuK wollte zusammen mit Daimler-Mitarbeitern auf dem Gelände einen Spielplatz und einen Gemüsegarten einrichten. Davon wären Randbereiche berührt gewesen. Wir haben gesagt, dass das nur mit erheblichen Aufwand für Ersatzhabitate zu machen sei.“ Bianca Elgas vom Kukuk Kulturverein bestätigt diese Darstellung. „Wir machen Projekte für Kinder in Not. Da hätte das Vorhaben, dort mit Bewohnern, Nachbarn und 120 Daimler-Leuten was zu machen, gut gepasst. Aber für uns hat das alles zu lange gedauert. Die Stadt ist nicht in die Pötte gekommen. Erst vor zwei Tagen haben wir eine Zusage bekommen und die Bitte, ein Konzept vorzulegen. Inzwischen hatten wir stattdessen mit den Daimler-Leuten schon ein anderes Projekt gemacht.“ Ganz ad acta gelegt sei die Idee, bei den Unterkünften etwas für die rund 100 Kinder zu machen, aber noch nicht: „Der sehr engagierte Freundeskreis möchte das unbedingt. Wir überlegen jetzt in aller Ruhe, was da eventuell möglich ist“, sagt Elgas.

Zauneidechsen haben ihre Ruhe

Den Vorwurf der Säumnis weist Axel Wolf vom Amt für Liegenschaften und Wohnen zurück: „Wir mussten das prüfen und das braucht eine bestimmte Zeit. Es war klar, dass es an der beabsichtigten Stelle nicht gegangen wäre.“ Und dann bringt Wolf Licht in die Wirrnis um Zaun und Weg und Zauneidechsen: „Das alles ist ein Missverständnis, da sind verschiedene Dinge zusammen- und durcheinander gekommen.“ Das habe für Verwirrung gesorgt. Im übrigen sei klar: „Wir haben im Zuge der Kanalarbeiten nur den alten Weg erneuert. Der endet da, wo er immer geendet hat. Und er war nie als zusätzlicher Zuweg zu den Unterkünften gedacht. Das Sozialamt hat immer gesagt, dass der Hauptweg ausreicht. Der Weg hat nichts mit der Unterkunft zu tun.“ Womit laut Wolf ebenfalls klar ist: „Der Maschendrahtzaun bleibt, wie er ist. Er dient wie bisher als Feldweg, und er grenzt das Gelände ab.“ Und damit haben auch die Zauneidechsen ihre Ruhe. Jedenfalls bis auf weiteres.