Mit zwei Schildern markieren der Kreis und der Klinikverbund Südwest den Standort für das geplante Krankenhaus zwischen Böblingen und Sindelfingen. Die Planung dafür liegt voll im Zeitrahmen.

Böblingen/Sindelfingen - Noch ist die geplante neue Klinik auf dem Flugfeld für viele Bürger abstrakt. Jetzt aber können sie sich zumindest eine Vorstellung davon verschaffen, wo diese gebaut wird. Am Mittwoch übergab der Böblinger Landrat Roland Bernhard gemeinsam mit Jörg Noetzel, Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest, und dem Projektverantwortlichen für den Bau, Harald Schäfer, zwei Baustellenschilder auf dem zwischen Böblingen und Sindelfingen gelegenen Flugfeld neben dem Plana-Küchenland der Öffentlichkeit. Dadurch lässt sich die Dimension des Neubaus erahnen. 280 mal 150 Meter umfasst die Fläche für das Bauvorhaben – ohne das Areal für die geplante Psychiatrie und auch ohne die Erweiterungsflächen, die der Kreis auf Vorrat kaufen möchte.

 

„Das ist der symbolische Baustart“, verkündete Geschäftsführer Noetzel. Der erste Spatenstich allerdings lässt noch eine Weile auf sich warten. Er ist für die Jahreswende 2019/2020 anvisiert. Momentan sei man nicht nur gut im Zeitplan. „Wir haben bei den Vergabeverfahren sogar zwei Monate reingeholt“, sagt Projektleiter Schäfer. „Das ist aber auch gut so, denn die Abstimmungen mit den vielen Beteiligten gestalten sich kompliziert.“ Mitte September will Schäfer dann das komplette Planungsteam samt Architekten vorstellen. Den ersten konkreten Entwurf soll es im Frühjahr geben.

Alles wird digital geplant

Geplant wird die Klinik mit dem innovativen BIM-Verfahren – alle Planungen erfolgen digital. „Dabei beziehen wir nicht nur die Mitarbeiter, von den Ärzten und Schwestern bis zum Reinigungspersonal, mit ein“, sagte Schäfer. „Wichtig ist uns auch die Patientenbrille.“ Mit Vertretern verschiedener Patientengruppen führe man deshalb intensive Gespräche, darunter seien Vertreter von Sehbehinderten- und Schwerbehindertenverbänden. Auch die Interessen der Rettungsdienste seien wichtig, um beispielsweise die Anfahrt zur Notaufnahme optimal zu gestalten. Die Ergebnisse all dieser Gespräche sollen in die Planungen einfließen.

Neubau attraktiv für Personal

Bereits für den Herbst sind mehrere Bürgerinformationen geplant. Im engen Kontakt wolle man auch mit den Nachbarn bleiben. Beim Firmenlauf im September präsentiert sich die Flugfeldklinik ebenfalls – Projektmanager Harald Schäfer möchte mitlaufen. „Ich gebe dann den Startschuss“, sagte Landrat Bernhard. Auch mit der Bürgerinitiative werde man im Gespräch bleiben, versprach er. „Das wird zwar nichts an unserem Grundbeschluss ändern, hier die Klinik zu bauen. Aber wir sind offen für Vorschläge.“ Er träume davon, „dass sich nach und nach auch die Bürger so für die neue Klinik begeistern wie wir“, hofft der Landrat.

Geschäftsführer Noetzel erklärte, der Neubau werde die Attraktivität des Krankenhausstandorts erheblich erhöhen. „Vor allem, um genügend qualifiziertes Personal zu finden, ist eine solche Klinik notwendig. Denn in einem zentralen Klinikum mit allen Fachrichtungen können wir den Mitarbeitern attraktive Fortbildungsmöglichkeiten bieten.“

Gegner fordern Bürgerentscheid

Die kleine Gruppe der Kritiker der Neubaupläne lässt nicht locker. Sie fordert einen Bürgerentscheid. Denn nach Ansicht der Bürgerinitiative „Flugfeldklinik? Nein danke“ ist der Neubau auf dem Flugfeld der falsche Weg. Sie legt einen Plan B vor: Auf zwei Seiten erläutert sie ihre Vorstellung. Demnach soll eine der bestehenden Kliniken in Böblingen oder Sindelfingen zur zentralen Klinik ausgebaut werden. Immerhin in diesem Punkt haben sich die BI-Mitglieder bewegt. Bis vor Kurzem hatten sie gefordert, beide Krankenhäuser zu erhalten. „Aber wir sind lernfähig“, sagt BI-Sprecher Peter Brozio. Bei einer Veranstaltung mit dem Sozialminister Manfred Lucha habe dieser klargemacht, dass das Land nur zentrale Kliniken fördere.

Das zweite Krankenhaus soll aber nach den Vorstellungen der BI trotzdem erhalten bleiben. „Für Nachsorge, Altenpflege und anderes.“ Das Argument, dass ein jahrelanger Umbau der Häuser im laufenden Betrieb eine Tortur für Patienten und Mitarbeiter wäre, erkennen die Kritiker nicht an. „Das kann man durch intelligentes Bauen verhindern.“

Mit ihrem Konzept würden „Werte von etwa 250 Millionen Euro und fünf Hektar Lebensfläche auf dem Flugfeld erhalten“, argumentiert die BI. Diesen Plan hatten sie Anfang Juli den Fraktionsvorsitzenden des Kreistags vorgestellt. Diese hätten den Plan „nicht akzeptiert“, beklagt Brozio. Er und seine Mitstreiter bezeichnen das Verhalten der Kreisräte als „Marsch der Lemminge in das vorhersehbare Desaster“. Auf mindestens 800 Millionen Euro käme der Neubau, 350 Millionen mehr als veranschlagt, so die Kritiker. Sie fordern eine Denkpause und einen Bürgerentscheid über den Klinikbau. In der Bevölkerung sei dessen Brisanz noch nicht angekommen.

Als Argument gegen den Standort führt die BI auch das begrenzte Platzangebot auf dem Flugfeld an. Deshalb habe man die Küche der Kliniken wieder nach Calw zurückverlegt. Fakt aber ist, dass seit Jahren das Essen des Verbunds aus der Zentralküche in Calw an sämtliche Klinken geliefert wird. Bemängelt wird auch, es sei kein Platz für Mitarbeiterwohnheime und die Krankenpflegeschule. Dafür gebe es noch keine Planung, betont man seitens des Klinikverbunds. Denkbar sei, dass die Krankenpflegeschule an ihrem bisherigen Platz neben der Böblinger Klinik bleibe. „Sie muss nicht direkt an die Klinik angeschlossen sein. In unserer Schule werden ja seit Langem auch die Pfleger für Leonberg, Herrenberg und Calw ausgebildet“, sagt Ingo Mattheus, der Sprecher des Klinikverbunds.