Georg Fundel geht in den Ruhestand. 21 Jahre lang hat er die Geschicke am Flughafen gelenkt. Zum Abschied zieht der Geschäftsführer des Airports in wirtschaftlicher Sicht eine positive Bilanz. Nur mit Stuttgart 21 hat er noch ein Problem.

Stuttgart - Mehr als zwei Jahrzehnte lang saß Georg Fundel bei der Stuttgarter Flughafengesellschaft am Steuerknüppel. An diesem Freitag endet seine Ära. Im Gespräch blickt Fundel zurück und nach vorn.

 
Herr Fundel, Ihr Vorgänger Klaus Wedekind steigerte die Passagierzahlen von einer auf sechs Millionen Euro, Sie auf fast zwölf Millionen. Darf man davon ausgehen, dass Ihre Nachfolgerin Arina Freitag dereinst 18 Millionen Fluggäste verzeichnen wird?
Die Voraussetzungen dafür sind am Standort Stuttgart auf jeden Fall gegeben. Aber wir stehen in Konkurrenz zu Frankfurt, München und Zürich. Das wird durch den Start von Ryanair in Frankfurt überdeutlich. Auch die Airlines stehen in maximalem Wettbewerb. Es kommt darauf an, geschickt zu sein.
Die baulichen Voraussetzungen lassen ja noch einiges an Wachstum zu.
Die Entwicklung war zuletzt sehr günstig. Wir haben durch größere und besser ausgelastete Maschinen auch 2016 mehr Fluggäste befördert bei weniger Flugbewegungen. Auf der Start-und-Lande-Bahn gibt es im Moment rund 50 000 freie Slots (Anmerkung d. Red.: Zeitfenster für Starts und Landungen). Das Projekt Terminal 4 ist in Vorbereitung. Es handelt sich um einen Anbau an das Abfertigungsgebäude T 3 und den Abbruch des alten T 4.
Was erwartet uns im Luftverkehr in der Post-Fundel-Ära?
Eine weitere Liberalisierung, wenn die Verkehrsrechte ausgeweitet werden, woran der Deutsche Flughafenverband arbeitet. Nur die Lufthansa will verständlicherweise das Gegenteil. Wenn das voranschreitet, werden die großen internationalen Drehkreuze für Stuttgart ins Programm kommen müssen, weil unsere Wirtschaft mit diesen Ländern in intensivem Austausch steht. Ich denke an den Mittleren Osten. Emirates würde seit 2006 Stuttgart gerne von Dubai aus anfliegen. Die Zusage gilt bis heute. Ich denke auch an China mit Peking, Shanghai, vielleicht auch Guangzhou, und auch Indien.
Einen Flieger aus China, das hätten Sie sicher gerne als Flughafenchef erlebt?
Das ist in der Tat meine Unvollendete, zeigt aber, wie Bundespolitik funktioniert. Hier übt Bayern mit Hessen und der Lufthansa den Schulterschluss. Und kein Ministerpräsident, ob von CDU oder Grünen, konnte sich in Berlin durchsetzen.
Die Lufthansa wickelt mit Etihad nun Flüge zwischen Frankfurt und Abu Dhabi ab. Da müssten Sie doch in die Tischkante beißen. Als das andere Airlines in Stuttgart so angeboten haben, wurde dagegen geklagt.
Ja, man wundert sich manchmal.
Wie geht es weiter? Über Landerechte wird nun in Deutschland und der EU verhandelt. Das könnte erst einmal Stillstand bedeuten, bis man europaweit einig ist.
Deutschland steht doch längst still. Die Entwicklung in der EU vermag ich nicht einzuschätzen. Was weiter stattfindet, ist der ganz normale Wettbewerb der Firmen untereinander. Ryanair ist die mit Abstand größte europäische Fluglinie. Sie treibt mit anderen Airlines wie Easyjet den Wettbewerb voran und zwingt die Politik zu folgen. Ich bin zuversichtlich, dass Stuttgart vom Wettbewerb profitiert. Wir sind mit Ryanair und Easyjet gut aufgestellt.
Die Billigflieger sind in Stuttgart bisher auf Sparflamme unterwegs. Warten diese auf Signale Ihrer Nachfolgerin, ihnen bei den Landeentgelten entgegenzukommen?
Es gibt im Moment Überkapazitäten im deutschen Markt. Die Eintritte von Ryanair und Easyjet erzeugen Verdrängung. Die Frage ist nur, wer verdrängt wird. Sobald klar ist, wie sich der Markt bereinigt, werden die Billigairlines ihre Expansion in Deutschland fortsetzen. Und Stuttgart wird mit dabei sein.
Klar, dann auch mit Rabatten.
Wenn der Frankfurter Flughafen bis zu 50 Prozent Rabatt gibt, dann wird kein anderer Flughafen mit null Euro aus diesem Angebotsmarkt herauskommen.
Dann müssten Sie Ihren anderen Partnern aber auch Nachlässe gewähren?
Im Luftverkehr müssen die Kosten sachlich begründet, transparent und nicht diskriminierend sein. Wenn ich einem Rabatt gebe, muss ich ihn allen geben.
Vor 17 Jahren äußerten Sie die Hoffnung, Stuttgart 21 würde vor der Messe fertig.
Das habe ich dieser Tage erst zitiert. Die Messe ist seit zehn Jahren in Betrieb, und Stuttgart 21 blockiert uns immer noch, weil im Planfeststellungsverfahren die Flughafenanbindung im Planabschnitt 1.3 b ja noch nicht genehmigt und über unser Gebiet eine Veränderungssperre verhängt ist.