Ein Streit gewinnt an Schärfe: Der Chef der SPD-Landtagsfraktion ärgert sich über eine „despektierliche Äußerung“ des Flughafenchefs Georg Fundel zu Forderungen nach besserer Bezahlung.

Stuttgart - Der Streit zwischen dem Land und dem Flughafen über eine bessere Bezahlung der Mitarbeiter in den Tochterfirmen der Flughafengesellschaft (FSG) wird schärfer: „Ich hoffe, dass die despektierlichen Äußerungen von Georg Fundel gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied Ingo Rust und mir ein einmaliger Ausreißer bleiben“, sagte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel gegenüber der Stuttgarter Zeitung. Der FSG-Direktor Fundel hatte zuvor die unternehmerische Ausrichtung des Flughafens bekräftigt und sich gegen die Forderung gewandt, der Belegschaft seiner Tochterfirmen ebenfalls den in der FSG gültigen Tariflohn des öffentlichen Dienstes (TVöD) zu bezahlen. Fundel hatte sich zudem über eine Kehrtwende der Sozialdemokraten in der Personalfrage mokiert: Das SPD-geführte Finanzministerium habe von ihm unlängst nicht etwa bessere Arbeitsbedingungen, sondern mehr Gewinn gefordert, so der FSG-Direktor.

 

Auch andere öffentliche Arbeitgeber sind betroffen

Schmiedel wiederum sagt, das stimme so nicht. Man habe Fundel klar erklärt, dass er nicht mehr so weiter wirtschaften könne wie unter der schwarz-gelben Landesregierung. Falsch sei auch die Behauptung, die SPD habe sich bei der EU für freien Wettbewerb eingesetzt und weigere sich nun, die Konsequenzen zu tragen. Seine Kritik verband er mit einer deutlichen Warnung: Die vom Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) ausgegebene Parole, Baden-Württemberg solle ein „Musterland guter Arbeit“ werden, müsse selbstverständlich auch klaglos vom „Angestellten Fundel“ umgesetzt werden. Wenn das Land mit einem Tariftreuegesetz regeln wolle, dass niemand mehr öffentliche Aufträge erhält, der Lohndumping betreibt, „müssen die eigenen Gesellschaften natürlich mit gutem Beispiel vorangehen“. Weitere Kandidaten seien etwa die Umweltakademie und das Regierungspräsidium. Jede zehnte der 2000 Behördenstellen in Vaihingen sei befristet; damit seien auf Dauer gute Leute nicht zu halten, klagt Schmiedel. Er räumt aber ein, dass das Gesetz Dumpinglöhne bei Dienstleistern am Flughafen nicht verhindern könne, sofern diese keinen Vertrag mit der FSG, sondern mit einer Fluggesellschaft haben. Darauf hatte Fundel in seiner Stellungnahme hingewiesen.

Tarifliche Schieflage

Vor der Landtagswahl hatten auch die anderen Parteien Verbesserungen am Flughafen für die Tochterfirmen versprochen. Der Abgeordnete Reinhard Löffler sagte: „Die CDU steht dazu: Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit.“ Und der damalige FSG-Aufsichtsrat und Grünen-Kandidat Werner Wölfle betonte: „Ein Dorn im Auge der Grünen ist die tarifliche Schieflage bei den Tochtergesellschaften der FSG. Unter einem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wird auch bei den Tochtergesellschaften der TVöD des öffentlichen Dienstes eingeführt.“

Die Wettbewerbssituation auf dem Flughafenvorfeld und das Saisongeschäft verböten es ihm, stets gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu bezahlen, hatte Fundel erklärt. Andernfalls sei die Schließung der Tochterfirmen unumgänglich. Diese Drohung sei inakzeptabel, sagte Schmiedel. Mit dem Versuch, die Belegschaft einzuschüchtern, habe der Direktor „die Spielregeln verletzt“. Ein Beleg dafür sei, dass die Betriebsräte die von der SPD geforderte Umfrage zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz zuerst der Firmenleitung vorlegen sollten. „Wer traut sich jetzt noch, offen die Wahrheit zu sagen, nachdem Fundel mit Kündigung gedroht hat?“, fragt Markus Kohler. Der Chef der Gewerkschaft Komba am Flughafen erhält aber Rückendeckung von der SPD: Die Ergebnisse gehen jetzt anonym an Fundel – und in Kopie an den SPD-Finanzstaatssekretär Ingo Rust.

Der Flughafen hat vor Jahren dort, wo die EU Wettbewerb ermöglicht hat, Dienstleistungen ausgegliedert; etwa bei dem Bodenverkehrsdienst (Gepäcktransport, Fahrtreppen) oder der Passage (Check-in). Die Stammbelegschaft der FSG wird weiter nach dem TVöD entlohnt, profitiert also von hohen Abschlüssen, erhält Betriebsrente und eine Prämie fürs gute Jahresergebnis.

Unternehmerisches Risiko

Die Beschäftigten der Tochterfirma Airport Ground Service (AGS) werden hingegen auf Basis eines Gruppenleistungslohns bezahlt: Pro abgefertigtem Flugzeug wird eine Summe ausgeschüttet, die sich die Beschäftigten teilen. Sie trügen damit das unternehmerische Risiko einer schwachen Nachfrage, etwa mittags oder im Winter, klagt der Betriebsrat. Viele hätten auch nur Teilzeitverträge, obwohl sie in Vollzeit arbeiteten.