Die isländische Band FM Belfast hat am Samstagabend das Publikum in Esslingen von Sekunde eins an ausrasten lassen. Eine beeindruckende Vorstellung – und sicher nicht die schlechteste Art, zu feiern. Wir berichten und haben auch Bilder von der wilden Bühnenshow mitgebracht.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Als echte Profis in Sachen saunaähnliche Konzerthallen tragen FM Belfast natürlich Badehosen unter ihren Chinos. Und es dauert auch nicht lange, bis die Hüllen fallen. Beim Publikum übrigens auch nicht. Willkommen, Freund. Und jetzt hüpf!

 

So unvermittelt wie dieser Text beginnt auch das FM-Belfast-Konzert im Komma in Esslingen am Samstagabend: Mit „Par Avion“, dem ersten größeren Radiohit der isländischen Kratz-Elektro-Feierband, die auf Konzertfotos immer so wild abgeht. Das sollte man gesehen haben, denken sich auch einige Hundert, die den Weg nach Esslingen gewählt haben statt in die Wagenhallen, wo das Konzert eigentlich stattfinden sollte. Die waren dann aber doch nicht frei, und weil das alte Zapata erst nächstes Jahr neu aufsperrt und ansonsten Konzertsäle mit einer Kapazität von etwa 500 Besuchern fehlen, ist der Veranstalter Radioclash eben nach Esslingen gegangen.

Rumhüpfen mit Knieschonern

FM Belfast haben schon 2010 beim Popnotpop-Festival im wegen Überfüllung geschlossenen Club Schocken eine eindrucksvolle Stippvisite in Stuttgart gegeben. Immer voll auf die Zwölf war damals das Motto und ist es immer noch. Die regelmäßig in Deutschland aufspielenden Isländer, die fast akzentfrei Bühnenansagen auf Deutsch hinbekommen, tragen neben Badehosen und Unterhemden auch Knieschoner und Schweißtücher.

Wie die Bandmitglieder darin über die Bühne wirbeln, sieht das nach Leistungssport aus. Dem Publikum bleibt da nur, sich ebenfalls frei zu machen und heftig mitzuspringen. Es fliegen Konfetti und die Band trägt Riesenlametta vom Backstagebereich auf die Bühne: ja, es ist ein Fest, wie Karneval, und das sonst oft zurückhaltende schwäbische Publikum dreht voll durch und der Schweiß tropft von der Decke.

Feiermusik 2.0

FM Belfast – mehr eine Party als ein Konzert? So zu reden ist leicht, aber auch zu einfach. Natürlich hat FM-Belfast-Musik live und zumal bei dieser Art des Vortrags nur den einen Zweck, das Publikum zum Ausrasten zu bringen. Doch sie vermeidet es an den allermeisten Punkten, einfach nur platt zu sein. Mit Falsettgesang und Percussion erinnern FM Belfast an heute viel weniger aufgekratzt klingende Disconummern; die im ihnen eigenen Stil ironisch vorgetragenen Cover – darunter „Fight For Your Right“ von den Beastie Boys, „Wonderwall“ von Oasis inklusive Gallagher-hafter Buckelhaltung vorm Gesangsmikro – implizieren eine gewisse Universalität dieser Tanzmusik.

Nicht vergessen: Bei allem Schweiß, Konfetti und Rumgehüpfe ist diese Show genauestens konzipiert. Natürlich geht jeder auf ein FM-Belfast-Konzert mit der Erwartung, ein karnevalähnliches Fest zu erleben. Trotzdem: Wie die Isländer ihr Esslinger Publikum von der ersten Sekunde an zum Rumhüpfen animieren, ist eine Version 2.0 dieser auf Publikumswirkung zielenden Feiermusik. Eine, die immer nach 100 Prozent Power klingt, aber ganz subtil auch weniger aufgekratzte Momente einflechtet.

Es gibt wahrlich schlechtere Songs zum Feiern, wie der Heimweg nach Stuttgart, in der S-Bahn, anschaulich zeigt.

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