Die weiblichen Abgeordneten in CDU/CSU begehren auf: Wegen des niedrigen Frauenanteils in der neuen Bundestagsfraktion fordern sie Spitzenposten ein – und mehr Direktmandate in künftigen Wahlen.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Im neu gewählten Bundestag ist der Frauenanteil deutlich niedriger als bisher. Insbesondere die Unionsfraktion weist einen deutlich höheren Anteil von männlichen Abgeordneten auf als in der vorhergegangenen Legislaturperiode, der Frauenanteil ist unter zwanzig Prozent gesunken. Die Unionsfrauen verlangen deshalb ein Gegensteuern ihrer Parteien. Sie fordern, dass der Frauenanteil an den Führungsposten der Fraktion trotz dieser Entwicklung mindestens gleich bleibt und dass künftig mehr Frauen über Direktmandate in den Bundestag einziehen.

 

„Der niedrige Frauenanteil in der Fraktion darf jetzt nicht auch noch zu einer schwachen Vertretung der Frauen in der Fraktionsspitze führen“, sagt Annette Widmann-Mauz, Vorsitzende der Frauen Union. In die gleiche Richtung argumentiert Karin Maag, Vorsitzende der Frauengruppe in der Unionsfraktion: „Alle Frauen, die bisher Führungsfunktionen in der Fraktion ausgeübt haben, haben ihre Positionen sehr kompetent ausgefüllt. Es geht weiterhin darum, geeignete Frauen in Führungspositionen zu bringen. Damit die Union für Frauen wählbar bleibt.“ Mindestens 30 Prozent der Spitzenfunktionen sollten in die Hände von Frauen gelegt werden.

Nur 8 Prozent Frauen in der Landesgruppe Südwest

Der Bundestag wird so männlich sein wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr: 218 weiblichen Abgeordneten stehen 491 Abgeordnete gegenüber. Der Frauenanteil sinkt damit von 37,1 Prozent in der vorhergegangenen Wahlperiode auf jetzt 30,7 Prozent. Niedriger war er zuletzt nach der Wahl 1994. Verursacher dieser Entwicklung ist nicht zuletzt die AfD. Sie stellt die mit Abstand männlichste Fraktion im neuen Bundestag. Nur zehn der 93 MdBs sind weiblich (11 Prozent).

In der CDU/CSU-Fraktion lag der Anteil der weiblichen Abgeordneten nach der Wahl 2013 bei einem Viertel, nun wird es nur noch ein Fünftel sein. Hier spielt das Verhältnis von Direktmandaten und Listenplätzen eine große Rolle – wie das Beispiel Baden-Württemberg zeigt. Auf der Landesliste der Südwest-CDU waren Frauen mit 55 Prozent sehr gut vertreten, die Partei gewann auch wieder alle 38 Direktmandate. Weil aber diese Direktmandate bis auf drei durch Männer besetzt sind und die CDU mit 34,4 Prozent ein schwächeres Ergebnis als sonst bei den Zweitstimmen holte, zog die Liste nicht wie bei vorherigen Wahlen. Die Folge: nun sind deutlich weniger christdemokratische Frauen aus Baden-Württemberg im Bundestag als vorher von der Partei erwartet – nämlich insgesamt drei. Der Frauenanteil in der baden-württembergischen CDU-Landesgruppe beträgt deshalb nur 8 Prozent.

„Frauen ermutigen, sich in Kampfkandidaturen zu stürzen“

Die weiblichen CDU-Abgeordneten aus Baden-Württemberg fordern deshalb für künftige Bundestags- und Landtagswahlen einen anderen Umgang mit der Kandidatenaufstellung. „Wir brauchen in Zukunft mehr Frauen, die als Direktkandidaten antreten – und sich durchsetzen“, sagt Widmann-Mauz. Es gehe um einen Kulturwandel in der CDU. „Wir brauchen Instrumente, die Frauen stärker nach vorne bringen. Da hilft es nicht, mal kurz die Statuten zu ändern. Das muss aus der Partei heraus gelebt werden. Auch die CDU muss sich den geänderten Lebensläufen und Lebensumständen der Menschen anpassen und darauf Rücksicht nehmen – ganz besonders im Fall der Frauen, die häufig neben der Politik noch Beruf und Familie zu bewältigen haben.“

Die Ulmer CDU-Abgeordnete Ronja Kemmer ist überzeugt, dass dieser Wandel „nicht einfach“ wird: „Da helfen keine Quoten. Das kann auch keine Parteiführung vorschreiben, denn am Ende entscheidet die Basis, wen sie als Kandidat im Wahlkreis sehen will.“ Und es gehöre dazu, dass sich mehr Frauen als bisher bereitfinden, in den Wettbewerb um die Direktmandate einzutreten: „Wir müssen Frauen noch mehr ermutigen, sich auch in Kampfkandidaturen um solche Posten zu stürzen.“

Der CDU-Landesvorsitzende, Thomas Strobl, sagte, dass in den vergangenen Jahren „schon viel bewegt worden“ sei. Mit einem Frauenanteil von 55 Prozent sei die Landesliste der CDU „die weiblichste im Land, dazu eine der jüngsten“ gewesen. Auf den ersten fünf Nachrückplätzen für den Bundestag stünden jetzt vier Frauen. Zu den aktuellen Forderungen der Frauen erklärte Strobl: „Dass es bei den Direktmandaten noch Potenzial gibt, ist keine Frage. Die Nominierung erfolgt dafür allerdings auf Kreisebene.“ Nicht zuletzt das Beispiel Ronja Kemmer in Ulm zeige, „dass Frauen in der CDU Baden-Württemberg alle Chancen haben. Zudem ist unser Landesvorstand bei den gewählten Mitgliedern durch die Neuwahl vor wenigen Wochen noch weiblicher geworden und besteht nun fast zur Hälfte aus Frauen.“