Lewis Hamilton ist neuer Formel-1-Weltmeister. Der Mercedes-Pilot krönte sich vor Teamkollege Nico Rosberg am Sonntag in Abu Dhabi mit einem Sieg zum zweiten Mal nach 2008 zum Champion.

Abu Dhabi - Lewis Hamilton hat sich beim Alptraum-Finale für seinen Mercedes-Widersacher Nico Rosberg zum neuen Formel-1-Weltmeister gekrönt. Rosberg wurde nach einem verlorenen Startduell auch noch von einem kaputten Silberpfeil gebremst und im Feld durchgereicht. Beim Sieg des neuen Champions auf dem Yas Marina Circuit von Abu Dhabi landete der gebürtige Wiesbadener am Sonntag auf dem 14. Platz, in der vorletzten Runde wurde er von Hamilton auch noch überrundet. Aufgeben wollte er aber trotz eines Aufrufs von der Box nicht. Ungebremster Jubel herrschte dagegen bei Hamilton: Der 29 Jahre alte Brite wiederholte seinen WM-Triumph von 2008. In der Box lagen sich die Mechaniker, Hamiltons Freundin und die Familie mit Freudentränen in den Armen. „Ich danke euch so sehr“, sagte Hamilton nach der Zieldurchfahrt mit Feuerwerk. Selbst Prinz Harry durfte an den Funk: „Danke Lewis.“ Mit der britischen Fahne an Bord drehte Hamilton seine Ehrenrunde.

 

Bitterer Nachgeschmack fürs Team

Dennoch bleibt für das Team auch ein bitterer Nachgeschmack. Eine WM-Entscheidung durch einen Technik-Defekt „wäre ein Alptraum“, hatte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff vor dem Rennen betont. Der Alptraum der schlimmsten Mercedes-Träume wurde wahr. Nach nicht mal der Hälfte der Renndistanz fehlten Rosberg die 150 Zusatz-PS durch das Hybridsystem ERS. Direkt hinter dem elfmaligen Saisonsieger Hamilton schafften es Felipe Massa und Valtteri Bottas jeweils im Williams aufs Podest. Der seit langem entthronte Sebastian Vettel kam in seinem letzten Rennen für Red Bull auf den sechsten Platz. Nicht Rosberg wird nach diesem tragischen Showdown damit die Weltmeister-Nummer 1 des viermaligen Weltmeisters und künftigen Ferrari-Piloten Vettel auf dem Wagen tragen, sondern Hamilton. Alles Daumendrücken für dessen deutschen Widersacher von der Fußball-Nationalmannschaft bis zu Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer halfen nichts.

Denn schon als die Roten Ampeln im leichten Dämmerlicht ausgingen, präsentierte sich Hamilton in Champions-Form. In der Qualifikation hatte nicht alles gepasst, nur Platz zwei hinter Rosberg. Der konnte die elfte Pole Position in dieser Saison aber wie schon so oft nicht nutzen. Rosberg hatte nichts entgegenzusetzen und bog schon mit einigen Metern Rückstand auf den neuen Titelträger in die erste Kurve ein. Nur mit Mühe konnte Rosberg verhindern, dass auch noch Massa im Williams an ihm vorbeikam.

Vorne aber regierte nur einer: Hamilton. Nichts mit Nervosität ob der Psycho-Sticheleien Rosbergs vor dem Rennen. Und der kurzfristige Besuch von Freundin Nicole Scherzinger schien den aus einfachen Verhältnissen stammenden Engländer nur noch mehr zu beflügeln.

„Es fühlt sich heute an wie der wichtigste Tag in meinem Leben“, hatte Hamilton vor dem Rennen getwittert. „Aber ich bin ruhig und fokussiert.“ Die Konsequenz: Nach der ersten Runde von 55 Umläufen auf dem Kurs am Yachthafen von Abu Dhabi lag Hamilton schon 1,2 Sekunden vor Rosberg. Und damit war der deutsche Verfolger schon außerhalb der einen Sekunde, die die Überholhilfe DRS erlaubt. Vorbeikommen also fast unmöglich. In der Box des gebürtigen Wiesbadeners begann das Bangen. Papa Keke, Weltmeister von 1982 mit nur einem Sieg, zitterte zu Hause mit.

„Marmor, Stein und Eisen bricht“, dröhnt es aus Lautsprechern

Alles lief aber gegen Rosberg, der seit seinem Einstieg zur Saison 2006 zum ersten Mal um den WM-Titel kämpfte. Hamilton kam als erster in der elften Runde zum Reifenwechsel rein. Rosberg blieb eine Runde und damit 5,554 Kilometer länger draußen. Als Rosberg noch im Tunnel auf dem Weg zurück auf den Kurs war, lag Hamilton im Vergleich schon wieder vorn. Hamilton baute seinen Vorsprung aus, zwischenzeitig sogar auf knappe drei Sekunden.

„Es ist natürlich eine angespannte Situation“, hatte Rosberg vor dem Rennen gesagt und hoffte, dass mit „Lewis irgendwas passiert, damit er Dritter wird“. Eine Prophezeiung, die nicht mal zur Hälfte ihn selbst mit aller Härte und Tragik traf: Rosberg klagte über fehlende Power. Die Verzweiflung und Hilflosigkeit schwang in jedem Wort über Funk mit. Aber Rosberg kämpfte. „Er macht einen hedenhaften Job, das Auto überhaupt im Rennen zu halten“, lobte das Team via Twitter. In der 28. Runde zog aber auch Massa vorbei. „Im Moment geht es darum, dass er überlebt ohne den Hybridantrieb“, räumte ein sichtlich besorgter Wolff ein. Als Konsequenz wurde die Leistung von Hamilton umgehend gedrosselt. Nicht, um ihn einzubremsen, sondern vor ähnlichen Problemen zu bewahren. Rosberg spekulierte aber auch mit einem Ausfall seines Widersachers, dann hätte er mindestens Fünfter werden müssen. „Was zur Hölle soll ich machen?“, fragte er seine Box. „Halt voll drauf“, lautete die Antwort, ehe Rosberg auch noch von dem aus der Boxengasse gestarteten Vettel überholt wurde (39.). Der erstmals in einer vollen Saison sieglose Hesse war vor dem Rennen von seinem Red-Bull-Team verabschiedet worden. „Marmor, Stein und Eisen bricht“, dröhnte es aus den Lautsprechern in der Box bei einer kleiner Abschiedszeremonie. Doch das war alles zweitrangig am Tag des ultimativen Showdowns mit erstmals doppelter Punktzahl. Als auch Massa zu seinem nächsten Reifenwechsel reinkam, übernahm Hamilton wieder die Führung. Zuvor hatte er sein Team aufgefordert, ihm wieder mehr Power auf den Motor zu bringen. Diese WM wollte der neue Weltmeister auch mit einem Sieg beenden.