Der Formel-1-Rennstall McLaren hat vor dem Großen Preis von Malaysia Probleme mit der Abstimmung seiner Boliden. Der Starfahrer Jenson Button will dennoch nicht von der Erfolgsspur abkommen.

Sepang - So schnell kann es gehen. Im vergangenen Jahr kämpfte McLaren noch gegen Red Bull und Ferrari um den WM-Titel in der Formel 1. Ausgerechnet im 50. Jahr seines Bestehens ist der Rennstall aus dem englischen Woking ins Mittelfeld abgerutscht. Das ist ungewöhnlich, weil Vergleichbares zuletzt 1983 passierte. Seitdem fährt McLaren permanent in den Top Vier der Weltmeisterschaft mit. Zwischen 1984 und 2008 haben zehnmal McLaren-Fahrer den WM-Titel geholt. Dazu kommen sieben Konstrukteurspokale von 1984 bis 1998.

 

In den vergangenen fünf Jahren war McLaren dann immer knapp dran, aber nie ganz vorn. „Das ist frustrierend. Wir wollen das korrigieren“, kündigte der Teamchef Martin Whitmarsh zu Saisonbeginn an. Im Augenblick hat er jedoch andere Sorgen. Seine McLaren kämpfen mit Sauber, ToroRosso und Force India um die letzten Punkteränge. Weder die Fahrer noch die Ingenieure verstehen das neue Auto. Es ist schnell im Simulator, aber nicht auf der Rennstrecke. Die Aerodynamik funktioniert nur mit minimaler Bodenfreiheit. So kann das Fahrwerk nur eingeschränkt arbeiten. Auch die Reifen kommen nicht auf Temperatur. Auf die Spitze fehlen derzeit zwei Sekunden.

„Beim Saisonfinale 2012 in São Paulo hatten wir noch das schnellste Auto im Feld“, grübelt der Pilot Jenson Button. Die Probleme kündigten sich bereits bei den Wintertestfahrten an, allerdings ziemlich spät, weil der Regen vernünftige Vergleiche nicht zuließ. „Wir haben erst an den letzten beiden Testtagen gemerkt, dass wir Probleme haben“, gibt Button zu. „Mercedes ist deutlich schneller gefahren und hatte offensichtlich noch Reserven. Wir waren dagegen am Limit. Die Hoffnung, dass es bei anderen Bedingungen in Australien besser wird, hat sich nicht erfüllt. Es wurde nur noch schlechter.“

McLaren ist stolz auf seine Innovationen

Vor allem die Ingenieure kommen nicht mit ihrem Auto zurecht. Deshalb findet eine Weiterentwicklung auch nur in begrenztem Rahmen statt. Um etwas besser zu machen, muss man erst einmal wissen, was schlecht ist. Die McLaren-Ingenieure wollten die Konkurrenz im letzten Jahr des bestehenden Reglements eigentlich mit einem neuen Konzept austricksen. „Das alte war am Ende seiner Entwicklung angelangt“, beteuert der Chefingenieur Tim Goss. Wobei der Red-Bull-Teamchef Christian Horner das nicht glauben will: „Warum um Himmels willen versucht McLaren, das Auto neu zu erfinden? Sie hatten über weite Strecken der Vorsaison das schnellere Auto als wir. Darauf baue ich doch auf.“

Vielleicht liegt es einfach daran, dass die Autos von McLaren aus Prinzip nicht dem Mainstream folgen. Der Rennstall, der 1963 von dem Neuseeländer Bruce McLaren gegründet wurde, ist stolz auf seine Innovationen, auch wenn man hin und wieder dabei auf die Nase gefallen ist. Auch 2009 und 2011 standen die McLaren-Ingenieure zu Saisonbeginn vor einer Baustelle. Sie haben aber jedes Mal wieder die Kurve gekriegt. Darauf baut der McLaren-Neuzugang Sergio Perez. „Kein Team kann auf Probleme so schnell reagieren wie dieses“, beteuert der Mexikaner. Auch Lewis Hamilton verspürt keine Schadenfreude, dass sein früherer Arbeitgeber in Schwierigkeiten steckt. „Wenn ein Team aus so einer Nummer wieder herauskommt, dann McLaren.“

Viel Zeit bleibt nicht

McLaren hat ein gut besetztes Technikbüro. Der Rennstall ist nicht wie Red Bull von einem Stardesigner abhängig. Das Team ist der Star. Da verkraftet man auch Abgänge wie zuletzt den des Technikdirektors Paddy Lowe zu Mercedes. Trotzdem ist die Lage diesmal besonders ernst, weil die Probleme besonders groß sind. „Es wäre zu einfach zu sagen, dass wir mehr Abtrieb brauchen“, sagt Button. „Das Problem ist, dass wir das Auto aus aerodynamischen Gründen mit einem Setup fahren müssen, das uns in anderen Bereichen einschränkt.“

Der mit 229 Grand-Prix-Starts größte Routinier im Formel-1-Feld betont deshalb: „Ich habe schon schlimmere Situationen erlebt. Als Panik würde ich das momentan nicht bezeichnen, aber wir müssen schon verdammt hart arbeiten.“ Für das Rennen am Sonntag (9 Uhr/RTL) in Malaysia sind neue Teile angekündigt. „Hier könnte es etwas besser laufen, weil die Streckencharakteristik unserem Auto besser liegt“, sagt Jenson Button. Trotzdem: Die Pole Position hat einmal mehr Sebastian Vettel geholt.

Großer Erfolgsdruck

Viel Zeit zur Verbesserung des Autos haben die McLaren-Ingenieure nicht. Sonst fährt der WM-Zug ohne Button und Perez ab. Mitte des Jahres müssen die Teams die Entwicklung am aktuellen Auto einstellen, weil die 2014 beginnende Turbo-Ära ein Schritt in unbekanntes Gewässer ist. Da kann man gar nicht früh genug mit der Vorbereitung anfangen. Deshalb wird im Team bereits diskutiert, ob man nicht doch wieder das alte Auto aus dem Museum holen soll. „Es wäre vom Reglement her möglich, aber nicht wünschenswert“, räumt der Teamchef Whitmarsh ein.

Doch der Erfolgsdruck ist groß. McLaren verliert am Ende des Jahres seinen Hauptsponsor Vodafone. Das hinterlässt ein Loch von 50 Millionen Euro in der Kasse. Angeblich steht Ersatz schon bereit, doch wohl kaum in dieser Größenordnung. Und Whitmarsh weiß: in der Formel 1 wird man schneller zum Sozialfall, als man denkt. Nichts ist vergänglicher als der Erfolg von gestern.