Der Heppenheimer gewinnt sein neuntes Saisonrennen und benötigt beim nächsten Grand Prix in Japan für die Titelverteidigung nur noch einen Punkt.

 Singapur - Da ist es nur noch einer. Nur noch ein Gegner, dazu noch ein sehr theoretischer. Vor allem aber ist es nur noch ein Pünktchen, das  Sebastian Vettel in den verbleibenden fünf Formel-1-Rennen dieser Saison holen muss, um jüngster Titelverteidiger der Geschichte zu werden. Die fulminante Nachtfahrt beim Großen Preis von Singapur zeigt eindrücklich, wie der Heppenheimer das angehen wird. Wie im Schlaf, weil er so dominant ist. „Ich glaube, ich kann das mit dem einen Punkt hinkriegen, aber ich muss es erst noch machen“, sagt die Nummer eins der Formel 1.

 

Die ambulanten Demütigungen für die versammelte Konkurrenz gehen weiter. Nach zwei so anstrengenden wie mehrheitlich langweiligen Rennstunden fährt er im 14. WM-Lauf Saisonsieg Nummer neun ein, vor dem Briten Jenson Button und seinem Teamkollegen Mark Webber. Fernando Alonso wird nur Vierter. Damit sieht die Gesamtwertung bei noch maximal 125 zu erreichenden Punkten so aus: Vettel führt mit 309 Zählern vor Button (185), Alonso (184), Webber (182) und dem Fünftplatzierten Lewis Hamilton (168). Selbst wenn der McLaren-Pilot Button nun alles gewinnen würde, reicht Vettel ein einziger zehnter Platz – schon in zwei Wochen beim Großen Preis von Japan in Suzuka.

Einen Rechenschieber braucht jetzt keiner mehr, es geht nur noch um ein Pseudoduell. Der Red-Bull-Teamchef Christian Horner kann seinem Schützling genau das Gleiche wünschen wie in Singapur: „Genieße einfach dein Rennen.“ Der Rivale Button hatte schon nach Vettels elfter Pole-Position seine Erwartungen für die Zielgerade der Saison so ausgedrückt: „Selbst wenn er in den kommenden sechs Rennen nicht startet, ist es für uns schwer, ihn noch zu schlagen“, sagte der Brite. Jetzt ist es eben noch ein bisschen schwerer. Dem Triumphator kommen auf dem Podium fast die Tränen, er singt tapfer die Nationalhymne mit und sagt später: „Ich war sehr gerührt, dieser Sieg hier bedeutet mir sehr viel. Die Herausforderung ist riesengroß, es ist kein Platz für Fehler auf diesem Kurs, das macht es so beinhart. Ich musste richtig klotzen, und wenn man dann durchs Ziel fährt, fällt einem natürlich eine Riesenlast ab.“

Kameraküsse sind nicht seine Art

Der Vettel-Finger wird unter dem Flutlicht zu einer Faust, dann formt Deutschlands Schnellster ein „O“. Es könnte auch eine versteckte Botschaft an den Rest der Rennwelt sein – null Chance! Aber das ist nicht seine Art. Das Kameraküssen aber eigentlich auch nicht. Doch das sind die Variationen eines Piloten der weiß, dass er es fast geschafft hat. „Wir machen unsere Arbeit ordentlich zu Ende“, verspricht Horner. Für Vettel kann es einfach so weitergehen – nach nur einer Runde hatte er gleich 2,5 Sekunden Vorsprung: „Das Auto war fantastisch. Ich bin sehr, sehr glücklich mit dem Resultat. Ich habe die nächste Chance beim nächsten Rennen.“

Genau eine Stunde ist der Nacht-Grand-Prix alt und reichlich langweilig geworden, da geht plötzlich alles wieder von vorn los. Der Spitzenreiter Vettel verliert komfortabelste 18,4 Sekunden Vorsprung auf Button, als das Safety-Car ausrücken muss. Michael Schumacher rutscht nach ein paar wilden Manövern im Kampf um den achten Platz auf den rechten Hinterreifen des Sauber-Ferrari von Sergio Perez – und kracht in die Streckenbegrenzung (siehe auch „Verwarnung für Schumacher“). Dem Rekordweltmeister ist die Nacht versaut. Nebenbei bemerkt, belegen sein Mercedes-Kollege Nico Rosberg und Adrian Sutil im Force India die Plätze sieben und acht, einer dieser Ränge wäre auch für Schumacher drin gewesen.

Der Champion in spe hat den vorzeitigen Titelgewinn aus Selbstschutzgründen ohnehin nicht kalkuliert, aber Vettel fährt in der schwülen Nacht Südostasiens schon mal so, wie es sich für einen unangefochtenen Regenten gehört. Wenn es stimmt, dass Red Bull schon 80 Weltmeisterkappen im Gepäck hatte, können die gleich weiter nach Suzuka geschickt werden. Da werden sie wohl endgültig ihrer Bestimmung zugeführt.