Iris Lewandowski von der Universität Hohenheim forscht nach nachwachsenden Rohstoffen. Dabei richtet die Wissenschaftlerin ihr Augenmerk auf Pflanzen, die nicht gleichzeitig als Nahrungsmittel dienen.

Hohenheim - Wissenschaftler versuchen sich in der Regel vorsichtig auszudrücken. Dahinter steckt der Wunsch nach einer präzisen Wiedergabe der Fakten, aber sicher auch die Furcht, von Laien missverstanden zu werden. Wenn eine Forscherin mehrmals ein starkes Wort wie „Stolz“ in den Mund nimmt, darf der Zuhörer also ruhig hellhörig werden.

 

50 Jahre Versuchsstation Ihinger Hof

Die Leiterin des Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bionenergiepflanzen, Iris Lewandowski, spricht gleich mehrmals davon, dass sie stolz sei auf die Forschungsbedingungen auf dem Ihinger Hof. Diese Versuchsstation der Fachschaft Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim bei Renningen im Landkreis Böblingen feierte jüngst ihre Gründung vor 50 Jahren. Die Hohenheimer Professorin führte Gäste über das Gelände, das ihrer Meinung nach bestens ausgestattet ist für die Forschung. Im Vergleich zu anderen Universitäten müsse sich Hohenheim mit dem Ihinger Hof gewiss nicht verstecken, sagt Iris Lewandowski. „Das ist nicht selbstverständlich, wie gut wir ausgerüstet sind“, sagt die Professorin.

Auf dem Ihinger Hof wird parallel an verschiedenen Dingen geforscht. Kollegen von Iris Lewandowski beschäftigen sich mit dem sogenannten „Precision farming“, ins Deutsche übersetzt heißt das „Präzisions-Ackerbau“. Dabei geht es darum, die Ertragsfähigkeit innerhalb eines Feldes und die Unterschiede im Boden zu berücksichtigen und dann zum Beispiel viel gezielter Düngemittel einzusetzen.

Ziegelsteine aus Süßgras

Iris Lewandowski arbeitet derweil nicht mit den Pflanzen, die etwa als Getreide oder Gemüse vom Acker auf den Teller kommen. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen nachwachsende Rohstoffe sowie Pflanzen, die zur Energieproduktion verwendet werden. Beides ist bereits seit Jahren nicht mehr nur Objekt wissenschaftlicher Betrachtung.

Iris Lewandowski holt aus einer Plastiktüte in ihrem Büro Gegenstände, die sie auch Besuchern beim Tag der offenen Tür auf dem Ihinger Hof gezeigt hat. Da ist ein Ziegelstein, der aus dem gepressten Süßgras Miscanthus besteht, aber auch andere Gegenstände. Längst würden aus pflanzlichen Stoffen Chemikalien gewonnen oder Ersatzstoffe für Plastik, sagt sie.

Bio klingt erst mal immer gut

Den größten Teil zum wachsenden Beitrag regenerativer Energieträger an der Strom- und Wärmeproduktion in Deutschland sei wiederum auf die verstärkte Nutzung der Biomasse zurückzuführen, sagt die Professorin . „Bio“ klingt zunächst immer gut. Das Interesse an nachwachsenden und pflanzlichen Rohstoffen in der Industrie wachse nicht zuletzt aus Imagegründen, sagt Iris Lewandowski. Gleichwohl sei die Annahme, dass bio gleich ökologisch sei, nicht immer ohne Einschränkung zutreffend. „Allerdings stimmt es, dass Produkte aus pflanzlichen Rohstoffen meist biologisch abbaubar sind“, sagt Lewandowski.

Die Bioenergiepflanzen haben bei ihrer Verwendung als Treibstoffe oder Brennstoff für Kraftwerke zunächst den Vorteil, dass ihre Verbrennung klimaneutral erfolgt. Denn es wird nur so viel schädliches Kohlendioxid frei, wie die Pflanzen zuvor aus der Atmosphäre aufgenommen haben.

Bioenergie aus Pflanzen geriet in die Kritik

Die Produktion vieler Bioenergiepflanzen geriet in den vergangenen Jahren dennoch vermehrt in die Kritik – weil Pflanzen wie zum Beispiel Mais auch als Nahrungsmittel dienen. Die Nachhaltigkeit ist daher der Schwerpunkt von Iris Lewandowskis Forschungen. Das Modewort beschreibt Methoden, die ein System in Balance halten – sowohl ökologisch als auch sozial sowie ökonomisch.

Deshalb geht es ihr um den Anbau von Bioenergiepflanzen, die nicht nicht gleichzeitig als Nahrungsmittel infrage kommen. So wie etwa das Süßgras Miscanthus, das für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist. Doch bei der von Kritikern unterstellten Konkurrenz von Teller und Tank geht es eben auch um die Flächen, auf denen angebaut wird. Die stärkere Produktion von Bioenergiepflanzen reduziert angesichts des endlichen Raums auf der Erde natürlich die Flächen für die Agrarproduktion. Die Lösung ist aus Sicht der Forscherin eine möglichst effiziente Nutzung der vorhandenen Flächen.

Zur verstärkten Nutzung von Biomasse sieht die Forscherin angesichts der zur Neige gehenden fossilen Rohstoffe keine Alternative: „Das ist sehr essenziell für unsere Zukunft“, sagt die Wissenschaftlerin. Auch das sind wieder starke Worte.