Die CDU will nach den desaströsen Ergebnissen baden-württembergischer Schüler im nationalen Vergleich rasch handeln. Den Wunsch der Grünen nach einer Enquetekommission lehnt die Fraktion ab. Das bezeichnet die GEW als Alarmsignal für die Koalition.

Stuttgart - Es wäre die falsche Entscheidung, das Kultusministerium jetzt mit monatelangen Beratungen aufzuhalten“, findet Wolfgang Reinhart, der Chef der CDU-Landtagsfraktion. „Das würde nur Unruhe in die Diskussion bringen“. Damit schlägt sich die Fraktion ganz auf die Seite ihres bildungspolitischen Sprechers Karl-Wilhelm Röhm und lehnt eine Enquetekommission zur Qualität in Schule und Unterricht ab. Röhm hatte, wie in dieser Zeitung berichtet, von einer von den Grünen gewünschten Kommission abgeraten. Nach den enttäuschenden Ergebnissen für Baden-Württemberg beim jüngsten nationalen Bildungsvergleich des Instituts zur Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB) sei nun die Zeit zu handeln, hatte Röhm gesagt.

 

Grüne wollen grundlegende Analyse

Die Grünen geben jedoch die Sache noch nicht verloren. „Wir werden uns so oder so zum Thema Qualität mit den Betroffenen austauschen“, sagte Andreas Schwarz, der Chef der Landtagsgrünen, dieser Zeitung. Ein fachlicher Dialog mit Eltern, Schülern, Lehrern und Wissenschaftlern sei der richtige Weg, um die Qualität von Unterricht und Schule zu verbessern. „Die IQB-Studie hat der Politik ins Stammbuch geschrieben, dass wir eine grundlegende Analyse brauchen“, mahnte Schwarz. Die Ursachen der Qualitätsprobleme lägen tief und teilweise weit zurück. Die Grünen treten laut Schwarz für einen wissenschaftlich begleiteten Dialog ein, der klären soll, wie Lernprozesse, Lernbedingungen und Ausbildungsinhalte der Lehrer aussehen müssten, damit die Kinder gute Leistungen erbringen könnten. Schwarz kündigte an, die Grünen würden mit ihrem Koalitionspartner, mit der Opposition und mit Beteiligten im Bildungswesen im Gespräch bleiben, um einen gemeinsamen strategischen Prozess in Gang zu bringen.

Kretschmann zurückhaltend

Ministerpräsident Winfried Kretschmann äußerte sich vage zur Frage einer Enquete. Die Regierung nehme den Komplex Bildung sehr ernst, man werde Ursachenforschung betreiben. Kretschmann nannte es auch eine Möglichkeit, die Ursachen, „in dem Maß, wie man sie festgestellt hat, zu beheben“. Der Vize-Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) sagte, es gebe keine Differenzen zwischen Grünen und CDU. Das Ziel sei, Baden-Württemberg wieder an die Spitze zu bringen. „Da streiten wir nicht drüber, das machen wir einfach“, meinte Strobl.

Bei der oppositionellen SPD stoßen die Grünen mit ihrem Diskussionsangebot auf offenen Ohren. Die Landtagsfraktion befürworte die Einrichtung einer Enquetekommission, sagte ihr Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei. So könne man „in eine vertiefte Ursachenanalyse einsteigen und nötige Konsequenzen ziehen“. Eine Enquete betrachtet er auch als Hebel „doch noch parteiübergreifend eine Schulfrieden zu erzielen“.

GEW wirft CDU Kosmetik vor

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mutmaßt, die CDU wolle den Ursachen für die unbefriedigenden Ergebnisse der Schulen gar nicht ernsthaft auf den Grund gehen sondern „offenbar nur Kosmetik in der Bildungspolitik betreiben“. Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz bezeichnete es als Alarmsignal, dass sich die Koalitionspartner in der Bildungspolitik nicht einigen können. Sie nannte es „unglaublich, dass sich die CDU nicht einmal auf ein gemeinsames Vorgehen mit dem grünen Koalitionspartner in der zentralen Frage der Qualität einigen kann“.

Der Verein für Gemeinschaftsschulen für Baden-Württemberg sieht „eine historische Chance verspielt, die Diskussion um Bildungsqualität gesellschaftlich breit zu verankern“.