Der US-Comicautor Frank Miller hat in seinem Blog die Mitglieder der Occupy-Bewegung beschimpft. Das wirft ein ganz neues Licht auf seine Werke.

Stuttgart - Mit hasserfüllten Wüterichen und rabiaten Vigilanten kennt der Amerikaner Frank Miller sich bestens aus. Er schreibt und zeichnet seit Jahrzehnten auf Kritikerlob und Bestsellerlisten abonnierte Comics über sie. Doch der Stoff muss ihm zu Kopf gestiegen sein. Auf seiner Website hat der Schöpfer von „Batman: der dunkle Ritter kehrt zurück“, „Sin City“ und „300“ am Freitag eine „Anarchie“ betitelte Beschimpfung der Occupy-Wall-Street-Bewegung veröffentlicht. Die dürfte selbst Wohlmeinende an den Krakeel eines Betrunkenen erinnern.

 

Die Occupy-Bewegung ist in den Augen und Worten des 1957 geborenen Miller „nichts als ein Haufen Halbstarker, Diebe und Vergewaltiger, ein außer Rand und Band geratener Mob, angetrieben von Woodstock-Nostalgie und ekelhafter, falscher Selbstgerechtigkeit“. Seine Bilanz ist knallhart und simpel: „Diese Clowns können nur eines: Amerika schaden.“

Eine Begründung seiner aggressiven Ablehnung des Protests gegen das Gebaren von Banken und Großkapital liefert Miller durchaus mit. Für ihn betreibt jede Unruhe an der Heimatfront das Geschäft islamistischer Fanatiker. „Wacht auf, Ihr Tümpelgrütze! Amerika führt Krieg gegen einen skrupellosen Gegner!“ Ein Dialogangebot kann man in der Hasstirade nirgends erkennen. „Heim zu Mami“ sollten die Protestierenden gehen oder sich besser zur Fahne melden: „Vielleicht könnte unser Militär ja ein paar von euch den rechten Schliff verpassen.“ Miller selbst trug übrigens nie Uniform. In den Hunderten von Kommentaren auf der Website überwiegen Abscheu und Entsetzen. Die Minderheit der Zustimmenden benutzt dagegen schon mal dasselbe Vokabular wie Miller.

Interessant wird die radikale Positionierung des Comicstars dadurch, dass die Leser seiner Comics seit Langem rätseln und debattieren, was in den Werken nun satirisch und was ernst gemeint sein könnte. In Millers enorm einflussreicher Rundumerneuerung von Batman, „Der dunkle Ritter kehrt zurück“ von 1986, wurden Law-and-Order-Fantasien noch mit mindestens ebenso viel Misstrauen wie Verständnis porträtiert. Bei vielen späteren Titeln aber, „300“ (1998) etwa, kam die Frage auf, ob Miller nicht allmählich die ironische Distanz zu Schwarz-Weiß-Denken und Gewaltfantasien verlor. Bei seinem neuesten, in den USA erst vor wenigen Wochen veröffentlichten Comic „Holy Terror“ hatten es Millers liberale Interpreten besonders schwer. Darin metzelt ein Superheld namens Fixer islamistische Terroristen nieder. Die Deutung, vieles in Millers Werken sei absichtlich bis zur Absurdität überspitzt, wird es von nun an schwerer haben.