Rund 20 Jahre lang wurde über Europas Währung in der Frankfurter Innenstadt entschieden. Nun steht der Umzug der EZB in den Neubau im Ostend unmittelbar bevor. Was wird das am Ende kosten?

Frankfurt/Main - Über den Ratsmitgliedern schwebt ein wellig-wolkiges Europa aus Metall, im Foyer fließen Wasserfälle neben der Treppe herab, Expressaufzüge rasen mit sechs Metern pro Sekunde durchs Gebäude - der Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB) ist bezugsfertig. In zwei Wochen beginnt der Umzug. Auch EZB-Präsident Mario Draghi wird im November seinen Schreibtisch aus der Frankfurter Innenstadt ins Ostend verlagern.

 

Der große EZB-Ratssaal liegt im 41. Stockwerk: ein runder, mit beigem Leder bezogener Tisch für 40 Währungshüter, außen herum ein zweiter Tischkreis für die engsten Mitarbeiter. Die Aussicht hinunter auf den Main und hinüber zur Skyline ist spektakulär, aber Draghi wird nicht viel davon haben: er sitzt mit dem Rücken zur Fensterfront. „Von hier hat er vielleicht nicht den besten Ausblick, aber den besten Überblick“, sagt Umbau-Projektmanager Thomas Rinderspacher.

Ende 2014 soll der Umzug abgeschlossen sein, sagt Pressesprecherin Andrea Jürges. Der Termin für die Eröffnungsfeier steht allerdings immer noch nicht fest, irgendwann 2015 hieß es am Dienstag. Das vom Wiener Architektenbüro Coop Himmelb(l)au entworfene Gebäude bietet Platz für 2900 Mitarbeiter. Bisher habe man für Bau, Nebenkosten und Grundstück rund eine Milliarde Euro ausgegeben, sagt Rinderspacher. Die aktuelle Kostenschätzung beläuft sich auf 1,2 Milliarden Euro. Die endgültigen Baukosten sollen frühestens Ende nächsten Jahres feststehen.

Denkmalgeschützte ehemalige Großmarkthalle

Zwei 165 und 185 Meter hohe gläserne Doppeltürme thronen über der denkmalgeschützten ehemaligen Großmarkthalle. Im Eingangsbereich prallen Alt und Neu hart aufeinander: außen das kleinteilige Fensterraster von 1928, innen Glas, Stahl, Beton. Der Kontrast ist Konzept: „Wir wollten neue Räume schaffen, in denen man das alte Gebäude erleben kann“, sagt Architekt Frank Stepper.

Wie ein Pfeil durchbohrt ein modernes Gebäude die denkmalgeschützte Halle. Unten der Eingangsbereich mit viel Licht und Leere, oben zwei Stockwerke mit Konferenzräumen. Hier werden die Währungshüter künftig auch ihre Zinsentscheidungen verkünden. Über eine Brücke gelangt man in die Kantine: In einem Raum stehen lange Tischreihen mit hellen Holzstühlen, in einem anderen runde Tische mit 60er-Jahre-Ledersesseln, außen eine Terrasse mit Gartenmöbeln.

Ein geschwungener Glasgang, der „Loop“, verbindet das oberste Stockwerk des Konferenzgebäudes mit der dritte Etage des Hochhauses. Nord- und Südturm sind durch vier Plattformen verbunden. Nur hier, im 3., 15., 27. oder 38. Stock, hält der Expressaufzug. Wer in die Etagen dazwischen will, muss hier in die langsamen Aufzüge umsteigen.

Mitarbeiter aus 27 Ländern

Rund 100 Mitarbeiter des Projektteams arbeiten bereits im Neubau. Die Wände ihrer Büros haben zwei verschiebbare graue Wände und zwei komplett verglaste Seiten - eine nach außen und eine zum Flur, in dem regenbogenfarbige Küchen Farbe ins Grau bringen. Alle Büros seien gleich, egal wer darin sitze und was er dort tue, betont Stepper. „Wir haben Mitarbeiter aus 27 Ländern, die haben ohnehin alle unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Arbeitsplatz.“

Die meisten der zu Hochzeiten 1400 Bauarbeiter sind bereits verschwunden, zur Zeit wird vor allem außen gewerkelt. Noch im Herbst werden 700 Bäume gepflanzt werden, der Bauzaun wird durch einen Stahlzaun ersetzt. Bagger übernehmen das, was Rinderpacher „Geländemodellierung“ nennt: Wälle und Stufen sollen Fahrzeuge abhalten, ohne die neue EZB wie eine Festung aussehen zu lassen.