Immer mehr Autoren geben ihre Bücher selber heraus – das E-Book und andere technische Entwicklungen machen es möglich. Doch Buchhändler tun sich noch schwer mit der Entwicklung – und Amazon kämpft auch hier um die Vorherrschaft.

Frankfurt - Lange Zeit wurden sie belächelt, doch inzwischen sind Selbstverleger – also Autoren, die ihre Bücher in gedruckter Form oder als E-Book selbst herausbringen – zu einem festen Bestandteil der deutschen Buchbranche geworden. Schaut man sich auf der gerade stattfindenden Frankfurter Buchmesse um, auf der Selbstverlegern zum zweiten Mal hintereinander ein eigener Bereich gewidmet wurde, wird deutlich: Immer mehr Dienstleister, Verlage und neuerdings auch der Buchhandel entwickeln Strategien, um von diesem wachsenden Markt zu profitieren – und sich gegen den übermächtigen Spieler Amazon zu positionieren.

 

„Die Professionalisierung hat in den vergangenen zwölf Monaten extrem zugenommen. Gerade die Verlage sehen in den Selbstverlegern darum eine ernstzunehmende Konkurrenz“, sagt der Branchenexperte Wolfgang Tischer. Während viele Herausgeber – abgesehen vom Holtzbrinck-Verlag mit seinem Selbstverlegerportal Epubli oder Droemer Knaur mit Neobooks – lange Zeit nicht auf den Trend reagierten, ist in die Sache Bewegung gekommen. Inzwischen haben auch Publikumsverlage wie Ullstein, Carlsen oder Hanser ihre eigenen Digitalverlage gegründet, über die jedermann sein Buch veröffentlichen kann. Bastei Lübbe hat im Frühjahr die Mehrheit an der Plattform Bookrix erworben. Und vor wenigen Tagen startete der geisteswissenschaftliche Fachverlag De Gruyter seinen Dienst „Publoris”.

Zudem profitieren nach Einschätzung von Tischer immer mehr klassische Verlage von bereits etablierten Self-Publishing-Plattformen wie Books on Demand (BoD), Bookrix, Epubli oder Amazons Kindle Direct Publishing (KDP). Sie können nämlich ein nützlicher Test für den Markttrend sein. Hier lässt sich ablesen, was gerade populär ist. In vielen Fällen holen Verlage die erfolgreichen Selbstverleger zu sich – so wie Nele Neuhaus. Die 47-jährige Bestsellerautorin verlegte ihre Regionalkrimis zunächst über den seit 1997 bestehenden Pionier BoD. Mittlerweile ist Neuhaus bei Ullstein unter Vertrag.

Der Buchhandel nimmt Selbstverleger noch nicht ernst

Vom stationären Buchhandel indes fühlen sich die Selbstverleger noch nicht ernst genommen. „Self-Publisher tauchen weder auf den Tischen der Buchhandlungen, noch in deren Regalen noch in den namhaften Onlineplattformen der Branche auf“, beklagte der Selbstverleger Stefan Holzhauer vor kurzem in einem offenen Brief an den Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Buchhandlungen. Unterzeichnet wurde er von vielen Kollegen aus der Selbstverleger-Szene.

Doch auch die Buchhändler beginnen langsam, den Markt für sich zu entdecken. Kirsten Rühs aus Bad Nauheim etwa legt ihren Kunden die Bücher von Selbstverlegern ans Herz – so lange sie bestimmte Standards erfüllen. „Die Bücher von Selbstverlegern landen bei uns dann tatsächlich zwischen Titel von bekannten Autoren und großen Verlagen“, erzählt Rühs auf der Buchmesse. Ein ausschlaggebendes Verkaufskriterium sei für den Kunden der Preis, wie Rühs berichtet: „Kostet ein selbstverlegtes Buch mehr als zehn Euro, greift der Leser meist doch zum 9,99-Euro-Taschenbuch eines bekannten Autors.“

Auf dieses Problem hat die Plattform BoD reagiert: „Wir haben eine neue Drucktechnologie entwickeln, die es Autoren ermöglicht, ihre Werke unter zehn Euro anzubieten“, sagt der Geschäftsführer Florian Geuppert. Ein wichtiger Punkt, denn laut einer aktuellen BoD-Studie (siehe Infokasten) arbeiten gut zwei Drittel der Selbstverleger bei der Erstellung und Gestaltung ihres Buches mit Dienstleistern zusammen. Der Großteil gibt dafür mehr als 200 Euro aus – viel Geld angesichts dessen, dass Selbstverleger laut einer Umfrage monatlich im Schnitt nur 312 Euro verdienen.

Da kann Amazon mit seinen Tantiemen von bis zu 70 Prozent bei den unabhängigen Autoren punkten. Kaum verwunderlich also, dass der Internetriese mit seiner Plattform KDP der größte Anbieter ist – und es auch bleiben will. Das US-Unternehmen unter Chef Jeff Bezos will der einzige Mittler zwischen Autoren und Lesern zu sein und andere Konkurrenten, Verlage und Buchhandlungen überflüssig machen.