Guido Westerwelle will künftig mehr Frauen in Führungspositionen bringen. Besonders der diplomatische Dienst soll nach Willen des liberalen Bundesaußenministers weiblicher werden.

Berlin - Wenn der französische Staatspräsident François Hollande wieder einmal im Palais Beauharnais, dem Sitz des deutschen Botschafters in Paris, zu Gast sein wird, hat sich dort etwas verändert. Hier finden sowohl informelle Verhandlungen als auch Feierlichkeiten zu öffentlichen Anlässen statt. Künftig wird Hollande im Palais von einer Hausherrin begrüßt: Susanne Wasum-Rainer ist die neue Botschafterin in Frankreich. Zum ersten Mal in der Geschichte des Auswärtigen Amts steht damit eine Frau an der Spitze einer „Großbotschaft“.

 

Großbotschaften werden die Außenposten in den Staaten genannt, zu denen Deutschland eine enge partnerschaftliche Verbindung pflegt oder die im internationalen Kontext von großer Bedeutung sind. London, Washington, Moskau, Paris, die Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York und neuerdings Peking zählen dazu. Eine Versetzung an eine dieser Botschaften stellt für jeden Diplomaten den Höhepunkt der eigenen Laufbahn dar.

Der Idealfall: Polyglotte Generalisten

Bereits im März verkündete Außenminister Guido Westerwelle, fortan Frauen im traditionell von Männern dominierten Auswärtigen Amt stärker fördern zu wollen. Dies hat das Amt bitter nötig. Nach einer Studie der Personalberatung Kienbaum werden momentan nur 17 Prozent aller Führungspositionen im Amt von Frauen begleitet. Im Durchschnitt liegt der Anteil in Bundesbehörden bei 29 Prozent. Laut Auswärtigem Amt soll sich dies aber ändern. Neben der Botschafterin in Paris ist mit Emily Haber erstmals eine Frau zur Staatssekretärin ernannt worden. Hinzu kommt die Ernennung von Botschafterinnen in Ländern, in denen ein anderes Rollenverständnis gegenüber Frauen herrscht. Im Oman, in Algerien, in Bahrain sowie in Katar stehen mittlerweile Frauen an der Spitze der Auslandsvertretungen.

Dabei ist es für Diplomaten äußerst schwer, Beruf, Partnerschaft und Familie unter einen Hut zu bringen. In einem Zeitraum von drei bis vier Jahren wird der Einsatzort gewechselt. Die Länder der Welt sind dabei in drei verschiedene Kategorien eingeteilt: A,B und C-Staaten. Während London zu den A-Ländern gehört, wird ein Entwicklungsland wie Pakistan als C-Staat klassifiziert. Mindestens einmal in seiner Karriere sollte man in Ländern aller drei Kategorien seinen Dienst verrichtet haben. Das Auswärtige Amt will seine Diplomaten damit im Idealfall zu polyglotten Generalisten in einer globalisierten Welt ausbilden. Diese Rotation wird auch innerhalb der Behörde fortgesetzt. Jeder Diplomat wechselt bei der Versetzung in ein anderes Ressort aus den Bereichen Politik, Presse, Kultur und Wirtschaft.

Mehr Frauen trauen sich den Job zu

Auch bei den Neueinstellungen wird auf Gleichberechtigung der Geschlechter geachtet. Für den Diplomatendienst werden mittlerweile jährlich ungefähr gleich viele Frauen eingestellt wie Männer. Im aktuellen Jahrgang wurden 22 Männer und 18 Frauen in die Diplomatenlaufbahn übernommen. Welch langen Weg die Gleichberechtigung von Frauen im Auswärtigen Amt benötigte, wird bei den neu eingestellten Diplomaten von 1970 bis 1992 deutlich. In diesem Zeitraum wurden zwar 647 Männer, aber lediglich 73 Frauen ein gestellt.

Solche Zahlen sollen in Zukunft Vergangenheit sein. Nach den Worten von Guido Westerwelle wird es „zu einem deutlichen Anstieg des Frauenanteils in Führungs- und Spitzenpositionen kommen.“ Der Einsatz von Frauen in Positionen, die als Sprungbrett für Spitzenpositionen dienen liegt mittlerweile bei 30 Prozent. Immer mehr Frauen scheinen sich auch trotz aller Herausforderungen für eine Karriere im diplomatischen Dienst zu interessieren. Man darf gespannt sein, wie lange es dauert, bis erstmals im Auswärtigen Amt eine Außenministerin die deutschen Interessen weltweit vertreten wird.