Heide Soldner hat ein Flüchtlingscafé im Stadtbezirk initiiert – Teil drei der Serie über Frauen im Süden.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Die aktuelle Hysterie beim Thema Flüchtlingspolitik kann Heide Soldner nicht verstehen. „Überhaupt nicht“, betont sie. Seit den Vorfällen an Silvester in Köln, Hamburg und auch Stuttgart scheint die Stimmung zu kippen. Heide Soldner hat davon nur in den Medien gehört. Sie selbst hat seit den Silvestervorfällen nicht mehr oder weniger Angst, alleine unterwegs zu sein. Die 65-Jährige aus dem Stuttgarter Süden hat täglich mit Flüchtlingen zu tun, schlechte Erfahrungen hat sie noch nie gemacht. „Auch mit jungen Männern nicht“, betont Soldner. Sie nimmt vieles mit Humor und hat schon so manche heitere Episode erlebt. „Unser Mentoren-Programm haben einige junge Männer als Kontaktbörse verstanden“, erzählt sie. Das Missverständnis habe sich dann erst bei der Veranstaltung offenbart. „Das war der Brüller“, sagt Heide Soldner und lacht. Bedrohlich sei das kein bisschen gewesen.

 

Seit 15 Jahren engagiert sie sich im AK Asyl Stuttgart. Sie hat Flüchtlingskinder betreut und zum Beispiel bei den Hausaufgaben geholfen, auch sich um ganze Familien gekümmert. „Das ist jetzt nichts Spektakuläres“, sagt sie bescheiden. Als an der Böblinger Straße eine neue Unterkunft für Asylbewerber entstand, war es für sie selbstverständlich, sich dort – quasi vor ihrer Haustür – ebenfalls zu engagieren. Seit der ersten Zusammenkunft des Freundeskreises Süd ist sie mit von der Partie und seitdem so etwas wie das Mädchen für alles. „Ich mache das, was niemand gerne macht, weil es viel Zeit kostet“, sagt sie. Sie schreibt Protokolle von den Sitzungen, teilt Helfer ein, hat den Überblick, was alles getan werden muss.

Da Flüchtlingscafé ist ihr „Baby“

Auf eine Sache ist sie besonders stolz, „ihr Baby“, nennt sie das Projekt. Seit Oktober hat Soldner gemeinsam mit den anderen Ehrenamtlichen im Generationenhaus Heslach ein Flüchtlingscafé eingerichtet. Von 17 Uhr an ist es täglich für die Menschen aus der Böblinger Straße geöffnet. Den Cafébetrieb organisieren die engagierten Helfer eigenständig in ihrer Freizeit. Heide Soldner ist selbst einen Abend in der Woche vor Ort und hilft als Springerin zudem immer dort, wo gerade Not am Mann ist. Das Café leistet aus ihrer Sicht einen wichtigen Beitrag zur Integration. Die Flüchtlinge kommen dort mit vielen Nachbarn aus dem Viertel zusammen. Nicht zuletzt haben sie mit dem Café endlich einen Ort, an dem sie zusammensitzen können. Denn in der Flüchtlingsunterkunft gibt es nach wie vor keine richtigen Aufenthaltsräume. Dafür gehörte das Haus an der Böblinger Straße zu den ersten Unterkünften mit Wlan – dank der Hilfe der Ehrenamtlichen.

Nicht „ganz wenig Zeit“ investiert Heide Soldner ins Ehrenamt. Sie macht das jedoch gerne. „Das kommt auch alles noch von meinem Beruf“, sagt die 65-Jährige. Vor ihrem Ruhestand war sie bei einer kirchlichen Nichtregierungsorganisation für das Fundraising zuständig. Die Rentnerin ist es also gewohnt, sich mit fremden Kulturen auseinanderzusetzen. Viele internationale Kontakte hat sie geknüpft, nach Afrika und in den Nahen Osten. Vor allem diese Region liegt ihr sehr am Herzen. „Da kenne ich mich gut aus“, sagt Heide Soldner.

Engagement für Flüchtling und Migranten

Nebenher engagiert sich die gebürtige Stuttgarterin beim Sommerfestival der Kulturen sowie beim Hospitalhof. „Alles thematisch die gleiche Richtung“, sagt sie. Aber eben viel Arbeit. Für Heide Soldner aber noch lange nicht genug. Auch im Integrationsprojekt „Lebendige Nachbarschaft“, vom Land Baden-Württemberg finanziert, mischt sie nun mit. Die Helfer sollen trainiert, ein Bewohnerrat an der Böblinger Straße gegründet werden. Soldner wünscht sich, dass sich dadurch auch das Verhältnis zwischen den Nachbarn und den Flüchtlingen verbessert. Das Hauptproblem sei die enorme Geräuschkulisse im Hinterhof. „Und die Nachbarn sind nicht besonders pinzig“, sagt sie.

Die Arbeit ist für Soldner auch deshalb selbstverständlich, weil sie sich mit ihrem Stadtbezirk sehr verbunden fühlt. Seit über 30 Jahren lebt sie dort mit ihrem Mann. „Ich finde den Süden toll“, sagt Soldner. Denn junge und alte Menschen aus vielen Herkunftsländern wohnten im Bezirk schon immer friedlich zusammen.

Im Süden gebe es mit Flüchtlingen kaum nennenswerte Problem, sagte der Bezirksvorsteher Raiko Grieb vor ein paar Wochen unserer Zeitung. Das liegt wohl auch daran, dass es dort so viele engagierte Menschen wie Heide Soldner gibt.