Nach einer Studie der Thomson Reuters Foundation ist Indien das frauenfeindlichste Land in der G 20. Als bestes Land wird Kanada eingestuft, gefolgt von Deutschland.

Stuttgart - Madhu lernte Sameep über eine Internetpartnerbörse kennen. Der 33-jährige Banker schien eine gute Partie. Man heiratete bald, doch die Ehe wurde zum Albtraum. Sameep begann, die 29-Jährige zu schlagen, um mehr Mitgift zu erpressen. Am Ende mit den Nerven, teilte Madhu ihren Eltern mit, dass sie ihn verlassen werde. Sie kam nicht mehr dazu. Am Tag danach fand man sie tot auf – mit Würgemalen am Hals. Jede Stunde wird in Indien eine Frau wegen Mitgiftstreitereien ermordet. Zwölf Millionen Babys wurden in den letzten 30 Jahren abgetrieben, weil sie weiblich sind. Frauen werden verkauft, als Kinder verheiratet und wie Sklaven gehalten. Eine Studie der Thomson Reuters Foundation kommt zu einem traurigen Schluss: Ausgerechnet Indien, das Land von Mahatma Gandhi, ist der frauenfeindlichste Staat in der G 20, den großen Nationen der Welt.

 

Als bestes Land für Frauen stuften die 370 befragten Experten Kanada ein. Deutschland errang trotz der Misere bei der Kinderbetreuung den zweiten Platz, gefolgt von Großbritannien, Australien, Frankreich und den USA. Den Schluss bildete neben Indien das reiche Saudi-Arabien, das die Rechte von Frauen massiv beschneidet.

Nirgendwo gibt es ein solches Ausmaß an Gewalt gegen Frauen

Doch nirgendwo finde man ein solches Ausmaß an Gewalt gegen Frauen wie in Indien, so die Studie. Dies steht im Kontrast zu Indiens Image als moderne, aufstrebende Wirtschaftsmacht. Tatsächlich besetzen Frauen auch Schlüsselpositionen in Politik und Wirtschaft und genießen auf dem Papier gleiche Rechte. Doch die Realität sieht für viele anders aus. „Es gibt zwei Indien: eines, das Frauen mehr Gleichberechtigung und Wohlstand zugesteht, und eines, in dem die riesige Mehrheit der Frauen ohne jede Rechte lebt“, sagt Sushma Kapoor von UN Women.

Vor allem im Norden herrscht ein barbarischer Chauvinismus: Frauen werden als Gebärmaschinen und Arbeitstiere gesehen. Die Geburt eines Mädchens gilt als Unglück, weil die Familie später horrende Summen für die Mitgift zahlen muss. Juristen rufen nach härteren Strafen. Doch viele Politiker wagen sich nicht an das Thema heran, weil sie um Wähler fürchten. Doch es gibt auch Hoffnung: vor allem im Fernsehen werden die Missstände zunehmend thematisiert und angeprangert.