Während die deutschen Fußballfrauen beim EM-Titelgewinn Millionen vor die Fernseher gelockt haben, führt die Liga ein Schattendasein. Sindelfingens Trainer Niko Koutroubis erklärt im Interview, welche Fehler bisher gemacht worden sind.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)
Sindelfingen – - Das Frauenfußball-Nationalteam hat zum achten Mal den Europameistertitel geholt, und ein Millionenpublikum hat vor dem Fernseher zugeschaut. Das Interesse an der Bundesliga ist dagegen gering. Niko Koutroubis, dem Trainer des Erstligisten VfL Sindelfingen, gibt das zu denken.
Herr Koutroubis, Frauenfußball ist dank des EM-Titels noch in aller Munde. Wie lässt sich die Euphorie in den Ligaalltag retten?
Wir haben uns das ja schon mit der WM 2011 erhofft. Leider ist die Mannschaft ausgeschieden und der Boom ausgeblieben. Jetzt erhoffen wir uns durch den Titel den einen oder anderen Sponsoren. Was nötig wäre, wäre ein Großsponsor für die Liga.
In der Vergangenheit war das Nationalteam auch sehr erfolgreich, aber nichts ist passiert. Was für Fehler wurden gemacht?
Die TV-Präsenz ist zu gering. Ohne die Medien ist es bei nur 600 oder 1000 Zuschauern schwierig mit Sponsoren. Die Vereine müssen sich da an die eigene Nase fassen, mehr auf sich aufmerksam machen. Wir müssen mehr Werbung für unseren Sport machen und professionellere Leute dafür einstellen.
Was für konkrete Ideen gibt es beim VfL?
Frauenfußball kann man bedenkenlos mit Kindern anschauen, es gibt keine Hooligans und keine Beschimpfungen. Das müssen wir ausnutzen und ein Familienevent daraus machen.
Sind denn Vereine wie der VfL Sindelfingen professionell genug aufgestellt für die erhofften Fortschritte in der Bundesliga?
Das ist natürlich so ein Thema. Wir arbeiten gerade an besseren Strukturen, wir brauchen aber noch viel Zeit. In der ersten Liga gibt es 180 000 Euro an Zuschüssen, in der zweiten Liga sind es nur 8000 Euro. Das ist ein Riesenunterschied. So Negativsachen wie zuletzt die Insolvenz des SC Bad Neuenahr dürfen einfach auch nicht mehr passieren. Daran sieht man, dass der Frauenfußball noch nicht so weit ist.
Der VfL hat dank dieser Insolvenz nachträglich den Klassenverbleib geschafft. Viele Leistungsträgerinnen waren da schon weg. Wie soll das Team konkurrenzfähig sein?
Das wird es nicht sein. Wir haben eigentlich nur drei bundesligataugliche Spielerinnen. Andere von außen können wir nicht bezahlen, die wollen Gehalt, Wohnung, Auto. Wir wollen unsere Mannschaft mit vielen 16-Jährigen nun in der ersten Liga entwickeln, um nächstes Jahr in der zweiten Liga vielleicht oben mitspielen zu können.
Es gibt die etablierten Frauenclubs wie den 1. FFC Frankfurt, dazu kommen immer mehr Teams von Männerbundesligisten wie der Aufsteiger TSG Hoffenheim. Bleibt ein strukturschwächerer Verein wie der VfL da auf Dauer nicht auf der Strecke?
Ja, das wird so sein. Wir wollen schon seit sieben Jahren zum VfB Stuttgart, aber der VfB will uns nicht. Deshalb werden wir auf lange Sicht keine Chance haben, in der ersten Liga zu spielen.
Sie sind seit 2003 Trainer und haben seitdem fast nur Frauenteams betreut. Was macht den besonderen Reiz für Sie aus?
Frauenfußball ist ehrlich. Ich habe auch schon Männer trainiert. Da kommen Spieler zum Probetraining und fragen vorher, was es bei dem Verein zu verdienen gibt. Frauen spielen Fußball aus Leidenschaft. Wir haben Spielerinnen, die trainieren siebenmal in der Woche und erhalten null Cent. Zusätzlich gehen sie in die Schule oder machen eine Ausbildung. Das ist echte Leidenschaft, das fasziniert mich so.