Die Frauenklinik vom Standort Bad Cannstatt und das Olgäle aus dem Westen ziehen im November in den Neubau hinter dem Katharinenhospital. Das ist nicht nur der größte Umzug, den das Klinikum der Stadt je erlebt hat, es ist eine der größten Umzugsaktionen dieser Art in der Republik.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die bunten Metallschmetterlinge der Künstlerin Rosalie schweben schon in einem Innenhof, einige Geräte in den neuen Operationssälen warten unter Kunststoffhüllen auf ihren Einsatz, und auch die große Arche mit ihrem Spielgeräten in der Eingangshalle ist fast fertig. Aber man sollte sich nicht täuschen lassen: Den Verantwortlichen und den Hunderten von Mitarbeitern und Helfern des Olgäle und der Frauenklinik steht im November noch ein Kraftakt bevor, der mit dem Wort Umzug nur unzureichend beschrieben wird.

 

Wenn die Floskel von der generalstabsmäßigen Vorbereitung einmal zutrifft, dann in diesem Fall. Denn der geplante Umzug der Frauenklinik vom Standort Bad Cannstatt und des Olgäle aus dem Westen in den Neubau hinter dem Katharinenhospital ist nicht nur der größte Umzug, den das Klinikum der Stadt je erlebt hat, es ist eine der größten Umzugsaktionen dieser Art in der Republik. In einem 84-seitigen Handbuch ist praktisch jeder Schritt, der zu tun ist, und jede Einsatzkraft vom Intensivarzt bis zum Streckenposten aufgeführt, so dass die für den 9. beziehungsweise für den 23. November geplanten Umzüge auch gelingen. „Wir schaffen das an einem Tag“, das ist für Martin Kroll ausgemacht. Der Kinderarzt, der sonst in der Neonatologie (Neugeborenenabteilung) am Olgäle tätig ist, betreut das Projekt von klinischer Seite. Das vierköpfige Kernprojektteam, dem er angehört, plant den Umzug bereits seit Februar 2012.

Patientenversorgung muss gewährleistet sein

Der lange Vorlauf hat Gründe: 85 Betten der Frauenklinik müssen von Bad Cannstatt umgezogen werden, drei Operationssäle, der gesamte Kreißsaalbereich, die Neugeborenen-Intensivpflege und alles, was dazu an Inventar gehört, dazu etwa 40 Patientinnen, auch wenn man natürlich versucht, möglichst viele vor dem Umzugstag zu entlassen. Und vom 11. bis zum 22. November wird die Neonatologie des Olgahospitals nach Mitte verlegt. Im Olgäle sind es danach 300 Betten der 16 Stationen und etwa 200 kleine, teils schwer kranke Patienten, die die Reise vom Westen in die Stadtmitte antreten werden. Dafür müssen viele Hände sicher ineinander greifen.

Alles, was man von den insgesamt circa 8000 Kubikmetern Inventar, die bis zu 400 Lastwagenladungen füllen, vorher an den neuen Standort bringen kann, vom Schreibtisch über den Computer bis zum medizintechnischen Gerät, wird von einer Spezialfirma schon in den beiden Wochen vor den Umzugsterminen dorthin transportiert. Aber die Schwierigkeit ist: die Patientenversorgung muss bis zuletzt an den beiden alten und sofort nach dem Umzug ohne Startprobleme am neuen Standort gewährleistet sein. Die Umzüge starten um 8 Uhr, allerdings sollen am 9. November schon um diese Zeit die fünf neuen Kreißsäle und die Ambulanz in der neuen Frauenklinik arbeiten. „Wir brauchen aber die Ambulanz auch in Bad Cannstatt noch für mögliche Irrläufer“, sagt Martin Kroll.

Knapp 400 Mitarbeiter beim Umzug im Einsatz

Damit alles wie am Schnürchen läuft, müssen nicht nur die Mitarbeiter der Transportfirma anhand von detaillierten Plänen darüber informiert werden, wo sie was auf welcher Route abzuliefern haben. Ampeln auf den Strecken werden so geschaltet, dass der Güter- und der Personentransport auch fließt und die exakt berechneten Lade- und Fahrtzeiten – im Falle der Frauenklinik sind es 58 Minuten, beim Olgäle 39 Minuten – eingehalten werden, in einzelnen Straßenabschnitten werden weiträumig Parkplätze gesperrt. An den klinikinternen Routen werden Streckenposten eingesetzt, in der Regel sind dies Beschäftigte der Klinikverwaltung. Den Patienten werden Begleitpersonen zur Seite gestellt, in der Regel Auszubildende, die ihnen auch beim Packen helfen. Wer von den kleinen Patienten beim Umzug gehfähig ist, wird die Fahrt zum neuen Olgäle in einem Bus antreten. Eltern dürfen nicht mitfahren, können ihre Kinder aber nach der Ankunft betreuen.

Die Rettungsdienste sind beim Umzug der Frauenklinik mit zehn Fahrzeugen im Einsatz. Wenn die Kinderklinik in ihre neue Bleibe aufbricht, werden 23 Krankenfahrzeuge im Zehn-Minuten-Takt mit kleinen Patienten vom Olgäle starten und fünf SSB-Kinderbusse. Die Planer haben für diesen Tag auch eine große Zahl von Maxicosi-Babysitzen erworben und für den Fall, dass es regnet, 60 Schirme. „Für die Branddirektion und für die Rettungsdienste ist der Umzug eine Art geplanter Katastrophenschutzübung“, sagt Martin Kroll. Alleine das Klinikum hat beim Olgäle-Umzug knapp 400 Mitarbeiter im Einsatz, dazu kommen die Beschäftigten der Transportfirma und etwa 80 Mitarbeiter der Rettungsdienste. Damit auch jeder Patient seinen Zielort sicher erreicht, erhält jeder einen Begleitschein, auf dem der Name sowie Station und Zimmernummer stehen.

Was kommt in welchen Schrank?

Große Anstrengungen haben die Organisatoren unternommen, dass sich das Personal in dem zehngeschossigen Neubau mit 3000 Räumen schnell zurechtfindet. So haben die Mitarbeiter bei Begehungen und etlichen Informationsveranstaltungen die Häuser kennengelernt, seit Anfang August laufen die Schulungen für rund 1500 Beschäftigte. „Es wird schon im Detail festgelegt, was in welchen Schrank kommt“, sagt Planer Kroll. Trotz der „vielen neuen Schnittstellen“, die sich für die Beschäftigten in dem komplexen Doppelneubau ergeben, hofft er auf eine „möglichst schnelle Inbetriebnahme“. Sehr erfreut ist der Kinderarzt über die Beteiligung der Mitarbeiter, die den Umzug während des laufenden Betriebs vorbereiten müssen. „Am Anfang war die Haltung abwartend und verhalten“, sagt Martin Kroll. „Jetzt ist das Engagement sehr groß. Den größten Teil des Umzugs organisieren die Mitarbeiter selber.“