An der Frauenquote wird die Koalition nicht zerbrechen. CDU-Chefin Merkel hat die aufmüpfigen Frauen in den eigenen Reihen – zuvörderst Ursula von der Leyen – von deren Konfrontationskurs abgebracht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Der 18. April 2013 war als Sollbruchstelle der christlich-liberalen Koalition eingeplant. Denn an diesem Donnerstag wollte die Opposition das Regierungsbündnis überstimmen – mit Hilfe einer Reihe von CDU-Frauen, unter ihnen die eigensinnige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Zur Abstimmung steht ein rot-grün inspirierter Gesetzesentwurf aus dem Bundesrat, der Aktiengesellschaften Frauenquoten für die Aufsichtsräte verordnen soll. Das halten auch viele Unionistinnen für geboten, zuvörderst von der Leyen. In der eigenen Partei waren feste Frauenquoten bisher nicht mehrheitsfähig. Deshalb hatten die CDU-Rebellinnen laut darüber nachgedacht, dass sie sich in diesem Fall unter Umständen nicht an die Fraktionsdisziplin gebunden fühlen könnten. So wird es aber wohl nicht kommen.

 

„Leistung muss der Maßstab für Stellenbesetzungen bleiben“, betonte am Montag um 13.13 Uhr der CDU-Wirtschaftsrat und forderte: „Frau von der Leyen muss sich bewegen.“ Da hatte sich die Ministerin bereits bewegt. Sie akzeptierte einen Kompromiss, auf den sich der CDU-Vorstand nach eineinhalbstündiger aufgeheizter Debatte verständigt hat. Dieser waren intensive Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel und ein dringender Appell des Fraktionschefs Volker Kauder voraus gegangen. Der Kompromiss sieht vor, dass auch die CDU sich für eine feste Frauenquote in Aufsichtsräten aussprechen will: 30 Prozent der Mandate sollen weiblich besetzt sein. Allerdings erst vom Jahr 2020 an. Zudem gibt es vorerst kein Gesetz, das dies regelt – stattdessen soll die Quote im Wahlprogramm verankert werden. So hat es Merkel auch bereits mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ausverhandelt.

Nur Männer stimmen gegen den Kompromiss

Mit dieser Perspektive geben sich die frauenbewegten Unionistinnen inklusive von der Leyen offenbar zufrieden. Es wurde auf Merkels Vorschlag in ihrem Beisein so im CDU-Vorstand so beschlossen. Die Ministerin wollte sich zunächst nicht dazu äußern, hat aber offenbar zugestimmt. Das Protokoll vermerkte nur zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung – allesamt von Männern. Der Kompromiss geht immerhin über die bisherige Beschlusslage der CDU hinaus. Auf dem jüngsten Parteitag Ende vergangenen Jahres hatte eine Mehrheit noch einmal für eine „Flexiquote“ gestimmt. Danach sollten Unternehmen die Zielmarken für weibliche Führungskräfte selbst bestimmen, die dann aber verbindlich gelten. Selbst diese Regelung ist aber am Widerstand der FDP gescheitert.

„Der Opposition kein Futter geben“

Nun habe sich die Partei der Kanzlerin „von der Opposition zwingen lassen, noch einmal neu nachzudenken“, sagte eine CDU-Frau, die dem Bundesvorstand angehört. In der Vorstandssitzung am Montag sah sich Merkel mit einer Frauenfront konfrontiert, die gegen die Flexiquote opponierte. „Alle Frauen waren sich einig, dass man mehr machen muss“, berichtete eine Teilnehmerin von dem Treffen. Der jetzt erreichte Kompromiss stelle keineswegs jede der rebellischen CDU-Frauen zufrieden. Allerdings eröffne er eine Perspektive, der in die richtige Richtung weise. „Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht“, sagte eine Vorstandskollegin der Kanzlerin. Sie fügte hinzu: „Es hilft nichts, nur auf den Donnerstag zu starren und so zu tun, als sei danach alles wurscht.“ Die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner betonte allerdings: „Uns geht es darum, der Opposition kein Futter zu geben.“

Bis zum Abend blieb unklar, ob alle CDU-Dissidentinnen den Kompromiss akzeptieren und mithin nicht mit der Opposition stimmen werden. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bekundete jedoch die „Erwartung, dass wir als Union im Parlament geschlossen und koalitionsgemäß reagieren“. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zuvor erklärt, die Bundesregierung habe in der Frage eine klare Linie. Und die Kanzlerin sei „zuversichtlich, dass die Haltung der Bundesregierung sich im Abstimmungsverhalten widerspiegelt“.