Es ist noch gar nicht so lange her, dass auch im aufgeklärten Westen Frauen nicht einmal wählen durften. Der Spielfilm „Suffragette“ erzählt vom Kampf um dieses Recht in England. Trotz des Einsatzes von Carey Mulligan und Meryl Streep bleiben dabei Wünsche offen.

Stuttgart - Es gibt Filme, die ein bisschen wie das Mädchen sind, das in der Schule immer in der ersten Reihe direkt vor dem Lehrerpult saß. Stets bemüht, ehrgeizig und dabei trotzdem nicht in der Lage, das ewige Streber-Image wieder loszuwerden. Sarah Gavrons „Suffragette – Taten statt Worte“ ist einer dieser so gearteten Filme: ein anspruchsvolles Drama, das man eigentlich kaum kritisieren kann, gibt es sich doch so offensichtlich Mühe, seine Sache gut zu machen.

 

Ja, die Suffragetten-Bewegung Anfang des 20. Jahrhundert ist zweifelsohne einer der fragwürdigen Abschnitte der Sozialgeschichte Großbritanniens. Nur geht der Versuch, diese Episode so zu erzählen, dass am Ende möglichst niemand meckern kann, leider nach hinten los. Aber von vorne: Es gab einmal eine Zeit, in der die schicken Damen der Londoner Gesellschaft gemeinsam mit den weniger schicken Vertreterinnen der Arbeiterklasse aufmüpfig wurden. Im ewig erfolglosen Kampf um das Frauenwahlrecht radikalisierte sich um 1900 eine Gruppe von Frauenrechts-Aktivistinnen, die so genannten Suffragetten. Nachdem das Parlament sie jahrelang belächelt und als hysterische Querulantinnen abgetan hatte, wollte man sich das Ausschließertum der Lords und Minister nicht länger gefallen lassen.

Mit radikalen Mitteln

Zur öffentlichen Verfechterin dieser Linie wurde Emmeline Pankhurst, die aus Angst vor der Staatsgewalt früh in den Untergrund geflüchtet und für viele Frauenrechtlerinnen dadurch erst recht zur Ikone geworden war. Ihr Motto: Wenn Worte scheitern, müssen Taten sprechen. Die bisher friedliche Bewegung griff also zu radikalen Mitteln. Steine flogen, Briefkästen wurden gesprengt, und mit dem Tod von Emily Davison, die neben Pankhurst eines der populärsten Gesichter der Bewegung war, fand die Gewaltwelle ihren traurigen Höhepunkt. Mit einem Wahlrechtsbanner stürmte Davison 1913 während eines Pferderennens die Rennbahn – und wurde vom Pferd des Königs totgetrampelt.

Auch in „Suffragette – Taten statt Worte“ läuft sie auf dieser Rennbahn ihrem Märtyrertod entgegen. Doch diesmal wird sie vor allem zum Beispiel dafür, warum dieses allzu polierte Historiendrama über weite Strecken eher wie ein Zusammenschnitt geschichtsträchtig pathetischer Szenen wirkt denn wie ein Revolutionsdrama. Dabei macht die Regisseurin Sarah Gavron auf dem Papier noch alles richtig: Ins Zentrum der historischen Unruhen stellt sie eine Identifikationsfigur für den Zuschauer, in diesem Fall die junge Fabrikarbeiterin Maud Watts (Carey Mulligan). Ist diese zu Beginn des Films von den Steine werfenden Suffragetten noch erschrocken und geht ängstlich auf Distanz, gerät sie immer tiefer in die Kreise der Frauenrechtsbewegung. Bis zu dem Punkt, an dem ihr Aktivistinnen-Dasein sie Job, Haus und Sohnemann kosten. Schaut her, so tief fällt eine, die eigentlich nur alles richtig machen wollte. So viel kostet Überzeugung.