Der Präsident Gerd Mäuser entmachtet, der Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Hundt angeschlagen: Jetzt muss Fredi Bobic als neues Vorstandsmitglied das entstandene Machtvakuum beim VfB Stuttgart ausfüllen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Fredi Bobic lehnt sich zurück und sagt dann entspannt lächelnd: „Es sieht ein bisschen so aus, als stünden wir in dieser Saison mit den Terminplanern auf Kriegsfuß.“ Was hätte der Sportdirektor des VfB Stuttgart vor ein paar Tagen noch geschimpft und gezetert, wenn da die Sprache auf die Bundesligapartie gegen Gladbach am Sonntag und das Pokalspiel am Mittwoch gekommen wäre, auf das sich die Freiburger zwei Tage länger vorbereiten können. Jetzt strahlt Bobic in der Pressekonferenz eine souveräne Ruhe aus.

 

Schon am ersten Tag als Vorstandsmitglied hat Fredi Bobic seine neue Rolle verinnerlicht, die nicht auf Konfrontation ausgelegt ist, sondern auf Konsens. Das wird in dieser Pressekonferenz bei jeder Gelegenheit deutlich. Einen Tag nach dem vom Aufsichtsrat für den 3. Juni angeordneten Rücktritt des Präsidenten Gerd Mäuser sagt Bobic: „Wir müssen die Situation sachlich sauber und respektvoll zu Ende bringen, ohne uns weiter zu schädigen.“ Damit hat der Sportvorstand schon viel über seinen Plan bis zur Mitgliederversammlung am 22. Juli gesagt. Nicht nachtreten, wieder nach vorne schauen – so lautet das Motto von Fredi Bobic, der jetzt das Machtvakuum füllt, das durch die Mäuser-Entscheidung entstanden ist.

Fredi Bobic will den Verein einen, der am 22. Juli an der Personalie Dieter Hundt auseinanderzubrechen droht. Denn jetzt steht der Aufsichtsratschef allein im Zentrum der Kritik, nachdem er Gerd Mäuser vor zwei Jahren gegen viele Widerstände durchgeboxt hat. Der Präsident jedenfalls hat auch als Feindbild ausgedient.

Bobic hat keine Angst vor Hundt

Er habe anlässlich seiner Beförderung ein sehr gutes Gespräch mit dem Aufsichtsrat gehabt, sagt Fredi Bobic, der dem Gremium auch mitgeteilt hat, „dass man nicht alles nur unter sich ausmachen darf, sondern auch andere anhören muss. Das ist in dieser Situation ganz wichtig.“

Es ist wahrscheinlich der markanteste Charakterzug von Fredi Bobic, dass er keine Angst hat. Während viele beim VfB vor Dieter Hundt eine unterwürfige Haltung einnehmen, begegnet ihm der 41-Jährige auf Augenhöhe und gibt Kontra. Auch dem für seine Wutausbrüche gefürchteten Gerd Mäuser sagte Bobic regelmäßig die Meinung, was ihm im Verein Respekt eingebracht hat.

Das Wort von Fredi Bobic hat nun als Mitglied des Vorstands – an der Seite des unauffällig agierenden Finanzchefs Ulrich Ruf – noch mehr Gewicht. Entsprechend nutzt er diese Möglichkeiten und hat Dieter Hundt auch schon mitgeteilt, welche Vorstellungen er von Mäusers Nachfolger hat. Einer der versöhnen kann, soll es laut Bobic sein, der Vertrauen besitzt, hinter dem alle im Verein stehen. Diese Beschreibung könnte auf Hermann Ohlicher gemünzt sein . Der Ex-Profi wird aber nicht müde, sein Desinteresse an der Führungsaufgabe beim VfB zu bekunden – er wurde jedoch bisher auch noch nicht von Dieter Hundt kontaktiert.

Bobic: „Ich habe eine verantwortungsvolle Aufgabe“

Dem Aufsichtsratschef dürfte mittlerweile auch klar sein, dass er mit einem von ihm bestimmten Präsidentschaftskandidaten aus der Wirtschaft eigentlich keine Chance hat, bei der Hauptversammlung durchzukommen. Vielmehr droht Hundt die Abwahl als Aufsichtsrat anstatt des von ihm selbst angestrebten selbstbestimmten Ausstiegs 2014. Dieser Abgang in Würde wiederum wäre denkbar, wenn Hundt bei der diesjährigen Mitgliederversammlung seinen Rücktritt für das nächste Jahr ankündigen und so den Weg frei für einen neuen Aufsichtsratschef machen würde. Der könnte Erwin Staudt heißen und ein eigenes Team mitbringen.

Bei allen Eventualitäten, eines ist beim VfB im Moment klar: Fredi Bobic hat als Vorstandsmitglied die Möglichkeit, die Vereinspolitik mitzugestalten. Er sagt: „Ich habe eine verantwortungsvolle Aufgabe.“ Sportlicher Erfolg würde diese Aufgabe sehr viel einfacher machen. Schließlich bleibt der Fußball das Kerngeschäft von Fredi Bobic, an dem er gemessen wird.