Am Sonntag wollte es die Familie Bäßler allen zeigen. Die Zweifler und Bruddler sollten bei einer Führung über den Hof begreifen, dass sie keine Nachteile zu befürchten haben, wenn auf dem Aussiedlerhof in Geisingen eine Biogasanlage gebaut wird.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Freiberg - Am Sonntag wollte es die Familie Bäßler allen zeigen. Die Zweifler und Bruddler sollten bei einer Führung über den Hof begreifen, dass sie keine Nachteile zu befürchten haben, wenn auf dem Aussiedlerhof in Geisingen eine Biogasanlage gebaut wird. Denn seitdem die Pläne der Familie Bäßler bekannt wurden, eine 75-Kilowatt-Anlage zu bauen, in der Gülle vergärt, schlagen im Ort die Wogen hoch. Insbesondere die Nachbarn der unmittelbaren aber auch der weiteren Umgebung in den Löchlesäckern, den Großen Äckern und sogar in den Bietigheimer Parkäckern schlagen Alarm.

 

Im Freiberger Amtsblatt äußerten sie ihre Bedenken, und jemand hat eigens farbige Flugblätter drucken lassen, um vor dem Gestank der Biogasanlage zu warnen. „Dafür hat jemand richtig Geld in die Hand genommen“, ärgert sich der Landwirt Walter Bäßler. Als das Thema schließlich auf der Tagesordnung des Technischen Ausschusses des Gemeinderats stand, reichten die Plätze im Saal nicht aus; so viele Bürger waren gekommen, um mehr über das Projekt der Geislinger Landwirtsfamilie zu erfahren oder einfach nur, um ihren Unmut darüber kund zu tun.

Die Familie Bäßler – Eltern, Sohn und Schwiegertochter – ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und führt einen Milchbetrieb mit 140 Kühen. Bislang bringt sie die Gülle auf ihren Feldern aus. Die Bäßlers bewirtschaften etwa 90 Hektar Land, auf dem hauptsächlich Futtermais, aber auch Kleegras, Futtergetreide und Zuckerrüben angebaut werden. Er wolle den Mist und die Gülle effizienter nutzen, zur regenerative Erzeugung von Strom und Wärme, sagt der Vater Walter Bäßler. Das Thema liege ihm am Herzen. Er hat auch eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, doch die Sonne sei weniger zuverlässig als seine Viecher. Er betont zudem, die Geruchsemission werde verringert, wenn er die Gülle erst nach der Vergärung, also nachdem sie in der Anlage war, ausbringe. Dann seien ihr die Schwefelwasserstoffe entzogen, die nach faulen Eiern riechen.

Die Familie ist überzeugt, dass die Anlage, deren Anschaffungskosten Walter Bäßler auf knapp eine halbe Million Euro taxiert, nicht bloß die Umwelt schont, sondern sich auf Dauer auch rechnet. Mit dem gewonnenen Biogas könnten im Blockheizkraftwerk der Anlage 600 000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Deren Einspeisung ins Stromnetz wird gemäß dem Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) gefördert vergütet. Ende März haben die Bäßlers ihren Bauantrag abgegeben. Nun müssen ihn die zuständigen Fachbehörden prüfen.

Walter Bäßler sieht die Voraussetzungen für seine Anlage erfüllt. Er habe sich bei der Planung, mit der er im Januar eine Firma beauftragt hatte, ans Baugesetz gehalten. Die kleine landwirtschaftliche Biogasanlage soll nahe an seinem Milchviehbetrieb errichtet werden, die benötigte Biomasse wird überwiegend daraus stammen, und die elektrische Leistung wird 500 Kilowattstunden nicht überschreiten.

Außer Gestank befürchten die Bewohner der Randlagen von Geisingen mehr Verkehr durch die Biogasanlage der Bäßlers. Auch diese Befürchtungen versucht Walter Bäßler zu zerstreuen: Für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage benötige er jährlich etwa 8000 Kubikmeter Gülle. Allein im eigenen Betrieb fielen bereits 5000 Kubikmeter an. „Ich brauche also bloß noch zusätzlich 2000 Kubikmeter Rindergülle und 1000 Kubikmeter Schweinegülle von Kollegen“, argumentiert Bäßler. Deshalb seien für die Anlieferung lediglich 3,2 Fahrten pro Woche notwendig, rechnete Bäßler vergangene Woche im Technikausschuss vor. Die könnten auch an einem Tage in der Woche erledigt werden.

Der Gegenwind aus der Nachbarschaft habe die Familie sehr erstaunt, sagt Bäßler. Er vermutet, dass ein Nachbar, mit dem er seit Jahren im Streit liegt, die Leute gegen die Anlage aufgebracht und Ängste gesät habe. „Aber ich treffe auch fast täglich Leute, die mir sagen, ich solle bauen, Leute, die mich unterstützen.“ Er sei zuversichtlich, dass die Anlage genehmigt wird. Allerdings glaubt er nicht, dass er noch in diesem Jahr mit deren Bau beginnen wird.