Ein Stadtplan der anderen Art: Auf ihm sind alle Straßen, die nach Frauen benannt sind, extra hervorgehoben. Auch überregionale Nachahmer gibt es schon.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Freiburg hat, was alle suchen – so heißt die selbstironisch gemeinte Eigenwerbung in Südbadens einziger Großstadt. Und Freiburg hat immer etwas, was andere nicht haben. Auch einen Frauenstadtplan, genauer gesagt: einen Stadtplan, auf dem die Straßen (und ein paar Schulen), die nach Frauen benannt sind, speziell verzeichnet und hervorgehoben sind. Und nicht nur das: auf der Rückseite des Plans sind alle diese Frauen, prominent oder weniger prominent, aus Freiburg oder anderswo her, in kurzen Stichworten zur Person geschildert. Der Plan ist kostenlos im Rathaus erhältlich.

 

Der Frauenplan – es ist der originale Stadtplan des Vermessungsamtes – zeigt auf, wie sich die namentlich auf den Straßenschildern genannten Frauen über das Stadtgebiet verteilen. In der historischen Altstadt gibt es keine einzige nach einer Frau benannte Straße, etwas außerhalb der alten Stadtmauern immerhin eine Luisenstraße (nach der badischen Großherzogin 1838– 1923) und einen Katharinenhof (nach Stifterin Katharina Egg 1734–1767). Die meisten weiblichen Straßennamen und dazu noch mit historisch jüngeren Persönlichkeiten gibt es da, wo in den letzten Jahren neue Viertel gebaut worden sind: das ehemalige Kasernengelände „Vauban“ und das noch junge „Rieselfeld“ im Westen auf der grünen Wiese.

Im „Rieselfeld“ haben die Frauen gar die Mehrheit auf den Schildern. Dort legen der Simone-de-Beauvoir-Weg, die Ingeborg-Drewitz-Allee und der Hannah-Arendt-Weg Zeugnis für die politisch korrekte Traditionspflege ab – um nur die überregional bedeutsamen Namen zu nennen. Im „Vauban“ stoßen die Lise-Meitner-Straße und die Marie-Curie-Straße, benannt nach der Physikerin und der Chemikerin aufeinander. Neben Madame Curie sind zwei weitere Nobelpreisträgerinnen im Freiburger Stadtbild vertreten, die Schriftstellerinnen Bertha von Suttner (Friedensnobelpreis 1905) und Nelly Sachs (Literaturnobelpreis 1966). Einige früher selbstständige und längst eingemeindete Dörfer westlich der Autobahn 5 wie Opfingen oder Waltershofen fallen dagegen immer noch mit einer Frauenquote null auf.

„Ein harter Kampf, überhaupt Frauen durchzusetzen“

Die Freiburger Frauenbeauftragte Ursula Knöpfle hätte in den neuen Stadtteilen am liebsten nur Frauen auf den Schild gehoben. „Es war ein harter Kampf, überhaupt Frauen durchzusetzen“, blickt sie mit einem Seufzer zurück. Die erste Auflage des Frauenstadtplans kam 2006 heraus, in der Neuauflage sind jetzt 84 (acht mehr als 2006) weiblich benannte Straßenschilder verzeichnet, das macht 22 Prozent der insgesamt rund 400 Straßennamen aus. „Wir sind darauf angewiesen, dass der Gemeinderat mitzieht“, sagt Ursula Knöpfle. Das Stadtparlament entscheidet am Ende über eine Vorschlagsliste, die vom Stadtarchiv geprüft wird. Vorschläge kann jedermann und -frau machen. Der jetzige Plan ist schon wieder ein wenig überholt, denn der Gemeinderat hat im Januar 2012 wieder zwei neue weibliche Straßennamen genehmigt. Namensgeberinnen sind die im November 2010 in Freiburg verstorbene russische Übersetzerin Swetlana Geier und die 1942 von den Nazis ermordete Zeugin Jehovas Elisabeth Emter.

Mittlerweile hat der auch für Exkursionen taugende Plan überregional Nachahmer gefunden, die sächsische Metropole Dresden hat sich daran ein Vorbild genommen. Noch besser wäre freilich, dass – wenn die geschlechtergerechte Straßenbenennung Richtung fifty-fifty geht – daraus irgendwann mehr als nur ein Plan wird, denn die Biografien der sehr geehrten Damen geben mehr her als nur ein paar kurze Zeilen. Der Senat von Berlin etwa hat über die berühmten Frauenspersonen der Hauptstadt das Buch „Spreeperlen“ herausgegeben. In Freiburg wird als Titel „Dreisamperlen“ diskutiert.

// Mehr Informationen unter www.freiburg.de/frauenbeauftragte