Der Dopingaufklärer Werner Franke geht gegen den früheren Olympia-Arzt Georg Huber vor. Der Anlass sind Bekenntnisse des Bahnradfahrers Robert Lechner.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Der Satz: „Man sieht sich im Leben immer zwei Mal!“ gilt bei juristischen Auseinandersetzungen in besonderer Weise. Auch Werner Franke und Georg Huber sehen sich heute bereits zum zweiten Mal vor Gericht, der Heidelberger Biologe und Dopingjäger und der ehemalige Olympia-Arzt treten erneut vor dem Landgericht Freiburg gegeneinander an. Franke will Huber des Dopings und der Lüge überführen. Franke musste sich Ende 2007 einem gerichtlichen Vergleich beugen und darf seitdem nicht mehr sagen, Huber habe Nachwuchsrennfahrer gedopt. Franke will nun neue Beweise vorbringen, Huber bleibt bei seiner Darstellung.

 

Der Freiburger Sportmediziner Huber hatte rund dreißig Jahre lang Sportler, darunter Straßenfahrer des Bundes Deutscher Radfahrer, Behindertensportler und Skisportler betreut. Bundesverdienstkreuzträger Huber war auch Anti-Doping-Beauftragter des Behindertensportverbandes und Mitglied in der Medizinischen Kommission der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada). Zum Entsetzen von Universität und Uniklinik musste ebendieser beliebte Arzt im Mai 2007 zugeben, in den achtziger Jahren Nachwuchsradfahrern das Hormon Testosteron verabreicht zu haben. Angeblich nicht, um zu dopen, sondern nur, um die Radler vor körperlichen Schäden zu bewahren. Huber behauptete in einer eidesstattlichen Erklärung: „Ich habe nie Testosteron, das heißt Andriol-Kapseln, zu Dopingzwecken, das heißt zur Leistungssteigerung gegeben, sondern nur zum Ausgleich der Dysbalance bei einzelnen U-23-Straßenradfahrern (19 bis 23 Jahre).“

Dopingjäger Werner Franke lässt nicht locker

Der Oberarzt in der Sportmedizin wurde suspendiert und durfte bis zur absehbaren Pensionierung im Februar 2008 nicht mehr praktizieren. Die Klinikleitung sah auf Grund der weit zurückliegenden Vorwürfe keine Aussicht, eine fristlose Kündigung vor dem Arbeitsgericht durchzusetzen und sorgte sich um den labilen Zustand des vom Sockel gefallenen Idols vieler Sportler. In den Suspendierungsvertrag ließen die Anwälte Hubers einen unhaltbaren Satz aufnehmen, der die Klinikleitung beinahe die Stellung kostete: Testosteron habe „keine leistungssteigernde Wirkung“.

Publik wurde der Lapsus durch Huber, der gegen Dopingjäger Franke vorging und ihm untersagen ließ, er sei von der Uniklinik „rausgeschmissen“ worden. Franke musste dann vor dem Landgericht Freiburg im Dezember 2007 den Vergleich akzeptieren, dem Hubers eidesstattliche Erklärung zu Grunde lag. „Die ist vorne und hinten gleich mehrfach falsch“, will Franke nun auf Grund neuer Erkenntnisse definitiv wissen. Diese stammen vor allem von dem Bahnradfahrer Robert Lechner. Der bayerische Radsportler hat scheibchenweise preisgegeben, dass er systematisch mit Anabolika auf Wettbewerbe „vorbereitet“ wurde. Zum Beispiel auf die Olympischen Sommerspiele in Seoul 1988.

Lechner, lange Zeit Patient der Freiburger Sportmedizin, schrieb unlängst in einem Beitrag zu dem Buch „Sportpädagogik als humanistische Herausforderung“ unter anderem: „Am 29. Oktober 1987 begann meine Behandlung durch den Verbandsarzt mit Dopingmitteln.“ Gegenüber der Badischen Zeitung hat der Bayer bestätigt, dass es sich bei dem Verbandsarzt um Huber gehandelt habe. Von Huber habe Lechner das Testosteron-Präparat Andriol, das Anabolikum Stromba und das Nebennierenrinden-Hormonpräparat Urbason bekommen. Stromba ist das Mittel, das dem Kanadier Ben Johnson im Urin nachgewiesen wurde, sein in Seoul 1988 gewonnenes Sprintergold wurde ihm daraufhin aberkannt. Lechner gewann bei den gleichen Spielen die Bronzemedaille im Bahnradfahren.

Es geht um die Mittel Andriol, Stromba und Urbason

Die exakten Daten der Medikation in und durch die Freiburger Sportmedizin habe Lechner auch im April 2011 der Evaluierungskommission genannt, die im Auftrag der Uni immer noch den Gesamtkomplex Doping untersucht, sagte Franke der StZ. Franke ist Mitglied der von Letizia Paoli geleiteten Kommission, auf deren Bericht die Fachwelt sehnsüchtig wartet. Der Prozess in Freiburg kann unter Umständen ein wichtiges Puzzleteil dazu beitragen. Radfahrer Lechner ist nicht geladen.