Die Uniklinik Freiburg wirbt in einem eigens in der Kurstadt Baden-Baden eingerichteten Büro um zahlungskräftige Kundschaft – vor allem aus Russland. Die örtliche Politik vermutet unlauteren Wettbewerb.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg/Baden-Baden - Die Universitätsklinik in Freiburg sorgt für Aufregung in Baden-Baden, weil sie in der Kurstadt ein „Representative Office“ eingerichtet hat. In der Sophienstraße, fußläufig erreichbar von Theater und Casino, hat die Abteilung für internationale Patienten, die „International Medical Services“ (IMS), ein Ladenlokal angemietet. Zwei Repräsentanten sollen „potenzielle ausländische Patienten über Möglichkeiten informieren, sich in Baden-Württemberg behandeln zu lassen“.

 

So erläuterte ein Sprecher des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums den Zweck der Freiburger Außenstelle, nachdem die Geschäftsleitung des Klinikums Mittelbaden, die CDU-Landtagsabgeordneten Karl-Wolfgang Jägel und Tobias Wald, die Baden-Badener Oberbürgermeisterin Margret Mergen (CDU) und mehrere Kreisräte sich bei der Landesregierung über Abwerbung von Patienten mit „unlauteren Mitteln“ und den angeblichen Missbrauch von Steuergeld beschwert und empört hatten.

Rechtlich sei die Einrichtung eines Büros vom Heilmittelgesetz gedeckt, sagt der Ärztliche Direktor der Uniklinik Freiburg dazu. Steuermittel würden dafür nicht ausgegeben, die Kosten für das gediegene Büro, das Personal und die Hochglanzbroschüren stammten ausschließlich aus den Einnahmen des IMS. „Wir sind ein Wirtschaftsbetrieb und müssen Patienten anlocken dürfen“, sagte Jörg Rüdiger Siewert dem „Badischen Tageblatt“. Auf keinen Fall wolle man den örtlichen Kliniken Patienten abjagen, „sondern russische Patienten ansprechen, die sonst nach München oder anderswo hingehen“.

Der Freiburger Klinikchef versteht die Aufregung nicht

Mehr möchte der Freiburger Klinikchef zu dem Thema jetzt nicht mehr sagen. Man verstehe die ganze Aufregung nicht, erklärt sein Sprecher. „Wir wollen Angebote aufzeigen“, betont Benjamin Waschow. Mit der Repräsentanz solle „ein direkter Zugang“ zu den medizinischen Angeboten der Uniklinik Freiburg gewiesen werden, abseits von teilweise dubiosen Vermittlern, die für ihre Dienste dem Vernehmen nach horrende Summen verlangen. In der Repräsentanz liegen Imagebroschüren in englischer und russischer Sprache aus, rund zwei Dutzend Interessenten hätten sich bisher gemeldet. Ob das Experiment sich auf Dauer lohnt, werde irgendwann überprüft werden. Denn dass Oligarchen oder andere Superreiche als Laufkundschaft in einen Laden spazieren und einen Flyer abholen, wird auch bei den Akquisiteuren der Uniklinik Freiburg eher nicht als Regelfall angenommen. Dass es jedoch einen internationalen Patientenmarkt im hochpreisigen Segment gibt, ist bekannt. Auch andere Uni- und Privatkliniken werben um die zahlungskräftige Kundschaft aus aller Welt. Die Freiburger Internationale Abteilung gibt es seit der Jahrtausendwende. Ursprünglich hatte sie Kunden aus dem arabischen Raum im Visier, denn eine Weile hegten reiche Scheichs eine gewisse Vorliebe für den Schwarzwald. Doch mit dem aufsteigenden Oligarchentum in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion orientierte man sich um – auch mit Fürsprache des ostwärts gut vernetzten früheren Aufsichtsratsmitglieds Klaus Mangold.

Internationale Abteilung macht 15 Millionen Euro Umsatz

Heute beschäftigt die Internationale Abteilung 40 Menschen und macht bei über 2000 internationalen (von insgesamt 65 000 stationären) Patienten einen Umsatz von rund 15 Millionen Euro. Die Gewinnmarge ist beträchtlich, denn es geht dabei um einen von Kassenvorschriften unabhängigen Markt mit frei vereinbarten Preisen. Die Extraleistungen der IMS – zum Beispiel Terminvereinbarung, Fahrdienste ab Airport, Unterbringung von Patient und Entourage in Hotels und Freizeitprogramm – lässt sich das IMS gut honorieren. Die Behandlung findet in den normalen Stationen der Uniklinik statt, eine Vorzugsbehandlung gebe es nicht, betont der Kliniksprecher. Aber Extrahonorare, die sich Klinik und Ordinarien teilen.

Besonders nachgefragt werden chirurgische Disziplinen aller Art, die Krebs- und Tumorbehandlung und die Gynäkologie. Es sind Bereiche, in denen die Medizin der osteuropäischen Nachbarn anscheinend nicht an den westeuropäischen Standard heranreicht. Zudem sind Operationen in Deutschland billiger als anderswo, eine Bypass-OP ist in den USA deutlich teurer.