Die Freie Aktive Schule in Degerloch muss wieder um ihre Zukunft zittern. Der Grund: Das Stuttgarter Baurechtsamt ziert sich mit einer Genehmigung. Dadurch fehlt es der Schulgemeinschaft an Planungssicherheit.

Degerloch - Wie das eine Schulgemeinschaft aushalten kann, versteht eigentlich kaum einer, der mit der Materie vertraut ist. Seit einige Familien vor 13 Jahren die Freie Aktive Schule (FAS) gegründet haben, wandelt sie nun schon am Abgrund, immer einen Schritt davon entfernt, all das zu verlieren, was mühsam aufgebaut wurde. Die Lehrer unterrichten derzeit 100 Kinder und Jugendliche an der Hohen Eiche, es gibt eine angeschlossene Kita; eine Erfolgsgeschichte also, könnte man meinen. Wäre da nicht dieser zähe Kampf gegen die Ämter. 2018 jedenfalls steht die FAS mal wieder vor dem Aus. Gabriele Groß weiß das, es zeichnet sich in ihrem Gesicht ab.

 

Die Bezirksbeiräte hätten gern Positives gehört

Vergangene Woche kam die Geschäftsführerin der Privatschule, in der nach der Lehre von Maria Montessori unterrichtet wird, in den Bezirksbeirat Degerloch. Das tut sie regelmäßig. Die Lokalpolitiker hätten diesmal gern etwas Positives gehört, sie wünschen es der FAS, daran besteht kein Zweifel. Stattdessen das: „Wir hätten nicht damit gerechnet, dass uns das Baurechtsamt nur eine Nutzung für die nächsten fünf Jahre genehmigen würde“, sagte Groß. Und ein Jahr davon ist schon abgelaufen.

Nun muss man wissen, dass die Gebäude der Stadt gehören. Es handelt sich bei ihnen um die ehemalige Flüchtlingsunterkunft an der Hohen Eiche. In den 90er-Jahren, als viele Menschen aus den Balkanländern vor dem Krieg nach Deutschland geflohen sind, wurden solche provisorischen Bauten in Rekordzeit aus dem Boden gestampft. Als sie nicht mehr gebraucht wurden – also bevor die erneute Flüchtlingswelle auf Europa zurollte – wurden sie abgerissen. Nicht so das Degerlocher Heim. Die zu jener Zeit bereits leer stehende Bruchbude – das war sie tatsächlich – bot der FAS im Jahr 2008 Zuflucht.

Die Hoffnung auf Vertragsverlängerung

Diese war mal wieder aus ihren Räumen gewachsen, zuletzt aus einigen Containern in Sillenbuch. Davor war die Schule schon in Hedelfingen, dann in Rohracker beheimatet gewesen. Ein Fünfjahresvertrag in Degerloch sicherte erst einmal die nahe Zukunft. 400 000 Euro – teils durch Kredite finanziert – steckten der Förderverein und die Eltern in die Gebäude. Sie hatten die Hoffnung, dass die Stadt den 2013 auslaufenden Mietvertrag verlängern würde. Schon damals unterstützten die Lokalpolitiker die Schule.

Mit Erfolg. Eine Verlängerung bis 2023 wischte die Sorgen beiseite. Zum ersten Mal schwebte kein Damoklesschwert über den Köpfen des Kollegiums. „Wir haben uns auf der sicheren Seite gewähnt“, sagte Groß. „Jetzt stehen wir wieder da und müssen schauen, wie es für uns weitergehen könnte.“

Denn sie hatte die Rechnung ohne das Baurechtsamt gemacht. Mietvertrag hin oder her, eben jenes Amt muss noch die Nutzung der Gebäude für Schulzwecke erlauben, und zwar mithilfe einer Baugenehmigung. Und es tat dies nur für fünf weitere Jahre statt für zehn.

Der HTC Stuttgarter Kickers könnte sich vergrößern

Für Kirsten Rickes, die Leiterin des Baurechtsamts, ist das kein Widerspruch. „Baugenehmigungen gelten normalerweise unbefristet“, erklärt sie auf Nachfrage. Sie können aber auch zeitlich eingeschränkt werden, „wenn öffentliche Belange entgegenstehen“. In diesem Fall sind diese in dem Sportgebiet zu suchen, in der sich die Schule befindet. Denn eigentlich ist im Bebauungsplan festgelegt, dass sich an eben jener Stelle der benachbarte HTC Stuttgarter Kickers erweitern könnte. Vor Jahren überlegte der Hockey- und Tennisclub, dort Hallen zu bauen. Die sind zwar längst vom Tisch, leben aber auf dem Papier beharrlich weiter.

„Im Regelfall erteilt man so eine befristete Genehmigung nur einmal, und vielleicht verlängert man sie noch einmal, mehr aber nicht“, sagt Rickes. Die Erlaubnis bis 2018 ist aber bereits eben diese Verlängerung. Diese erneut bis 2023 zu erteilen, „wäre untypisch, aber niemand weiß, was 2018 ist“. Nur so viel kann die Amtsleiterin jedenfalls versprechen: „Die Entscheidung wird verantwortungsbewusst gefällt werden.“